Kenneth Branaghs ehrgeizige Hamlet-Version gehörte zu den umstrittenen Filmen
des Kinojahres 1996. In seiner knapp vierstündigen Adaption bot Branagh erstmals
das komplette Drama, inszenierte es publikumswirksam mit einer absoluten Starbesetzung.
Kritiker bemängelten allerdings das Fehlen neuer interpretatorischer Ideen und Ansätze,
lobten aber indes die imposante, kraftvolle Inszenierung.
In seiner fünften Zusammenarbeit mit Branagh, schrieb dessen enger Freund Patrick
Doyle erneut die Filmmusik. Sie basiert im wesentlichen auf den drei Themen für die
zentralen Figuren Claudius, Ophelia und natürlich Hamlet.
Das Thema für Ophelia ist eine lyrische von Streichern gespielte Melodie, die
das Liebesthema des Filmes bildet und erstmalig in "Oh what a noble Mind"
zu hören ist.
Claudius Thema hingegen ist ein kühleres, mehr der Harmonik des 20. Jahrhunderts
verpflichtetes Violinen-Thema, das Doyle vollständig in "Now could I drink
hot Blood" ausführt. In seiner kanonartigen Entwicklung dient es auch
als ein die tragische Handlung treibendes Element und als musikalische Verbindung zwischen
den Figuren Claudius und Hamlet.
Das zentrale Leitthema, das die gesamte Partitur in
raffinierten Variationen durchzieht, ist allerdings das von Hamlet,
welches in seiner schlichten, aber sehr schönen Komposition den roten Pfaden
der Musik bildet. So ist es Grundlage der Arie "In Pace", gesungen von Plácido
Domingo oder der einleitenden Fanfare und spiegelt in den weiteren Variationen meist
die noble Gesinnung und Ehrenhaftigkeit Hamlets wider.
Es wird konsequent bis zum eindrucksvollen Chorfinale in "Go bid the Soldiers shot"
weiterentwickelt.
Während die Musik im Film, um nicht von den
Worten des Stückes abzulenken, eine eher zurückhaltende Rolle spielt, ist ihre nuancenreiche
wie feine Komposition Zeuge eines reiferen Werkes im Schaffen Patrick Doyles, mit der er
vor allem die "gewaltige" Sinfonik seiner früheren Frankenstein- oder Needful Things-Musik hinter
sich läßt.