Anne Dudley gehört zu den wenigen weiblichen Komponisten neben Rachel Portman und Debbie
Wiseman, die es geschafft haben, sich im hartumkämpften Filmgeschäft zu etablieren. Ausschlaggegend
dafür war sicher der unverdiente Oscar für die britische Komödie
Ganz oder gar nicht, mit
dem Anne Dudley 1998 zur großen Überraschung aller ausgezeichnet wurde. Es folgten
ambitionierte Projekte wie
American History X oder nun die Miniserie
The 10th Kingdom von Hallmark-Entertainment.
Die Handlung des Filmes pendelt zwischen
der Märchenwelt der zehn Königreiche und dem New York der Gegenwart.
Diese beiden Handlungsebenen spiegelt die Musik mit einer geschickten Mischung aus
elektronischen Synthesizerklängen und traditioneller Sinfonik, in der Dudley ihre Herkunft
als Gründungsmitglied der avantgardistischen Popformation The Art of Noise kaum verleugnen kann. In der eigenwillig kühlen
Klangsprache setzt sie sich deutlich vom üblichen sinfonischen Hollywoodstandard für Fantasymusiken ab
und kreiert eine faszinierende Klanglandschaft, die ein wenig an Jerry Goldsmiths
Legend (1985) erinnert.
Das kraftvolle Hauptthema, welches in "The 4 who saved the 9 Kingdoms" vorgestellt wird,
erschließt sich in seiner Qualität erst mit mehrmaligem Hören.
Gerade in der ersten Hälfte der Komposition verknüpft Dudley die abwechslungsreiche Orchestrierung
(u.a. ethnische Flöten, Harfe und Solovioline) überzeugend und vielfältig mit den Klängen des
Synthesizers. Doch nach dem gelungenen Auftakt mit dem schönen "The House of White" oder
dem Scherzo in "Six Glorious Wishes" als Glanzpunkte verflacht die Komposition zusehends.
Die Synthesizereffekte dienen mehr der fantasyhaften Klangkulisse denn der musikalischen
Entwicklung und eine durchdachte thematische Verarbeitung findet kaum statt.
Erst im letzten Drittel können Stücke wie "Kissing Town" mit einem filigranen Zusammenspiel von
Harfe und Solovioline das Niveau wieder etwas heben. Einen schönen Abschluss der CD bringt der auf dem Hauptthema basierende Song
"Wishing on a Star", der von Miriam Stockley gesungen wird.
Unterm Strich bleibt eine durchwachsene Filmmusik, die neben einigen Höhepunkten auch viel
Leerlauf bietet. Trotz dieser Schwächen handelt es sich aber bei The 10th Kingdom
um eine der bislang ambitioniertesten und attraktivsten Arbeiten der Komponistin.
(mr)
Varèse Sarabande VSD 6115
Dirigent: Anne Dudley
54:52 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Das zehnte Königreich"
Regie: David Carson, Herbert Wise
Darsteller: Rutger Hauer, Dianne Wiest
Tracklist:
- The 4 Who Saved the 9 Kingdoms (2:36)
- Standing on the Edge of Greatness (1:47)
- Six Glorious Wishes (1:58)
- Addicted to Magic (2:38)
- The House of White (2:40)
- Troll Trouble (3:41)
- Flowers Only Grow Where There Are Seeds (2:13)
- The Dwarves of Dragon Mountain (2:28)
- Nothing Escapes the Huntsman (2:20)
- A Stepmother's Curse (3:00)
- The Dog Formerly Known as Prince (1:51)
- Blood on the Snow (1:21)
- Trolls in New York (1:20)
- A Travelling Mirror (1:55)
- Kissing Town (2:09)
- A Gypsy Incantation (2:14)
- These Are Dark Days (3:09)
- Seven Years Bad Luck (2:26)
- The Days of Happy Ever After Are Gone (2:06)
- When the Wild Moon Calls You (2:27)
- Still Lost in the Forest (2:52)
- Do Not Think, Become (2:13)
- Wishing on a Star
(performed by Miriam Stockley) (1:21)