In der Filmsammlung "Wolfgang Schneider" werden dieses Jahr zahlreiche Filmklassiker wiederaufgeführt,
die in Deutschland nicht mehr erhältlich sind, darunter Filme von Tony Richardson, Carlos Saura. Marcel Carné
und Agnès Varda. Sie entstammen einer umfangreichen Privatsammlung, die bislang noch nicht vollständig
gesichtet wurde und möglicherweise auch Verschollenes enthält. Ein spannender Kontrast zu den aktuellen Filmen,
die um den mit 10000 Euro dotierten Heinrich konkurrieren, etwa der japanische Filmklassiker
Die Frau in den Dünen
von 1964. Doch zurück zu zwei Filmen, die im Wettbewerb laufen:
My Name is Ki (Polen 2011):
In My Name is Ki porträtiert der polnische Regisseur Leszel David das turbulente
Leben einer jungen Mutter in Warschau. Der Kindesvater kümmert sich nicht um seinen Sohn, so dass Ki Freunde und
Bekannte ihrer Umgebung einspannen muss, ihr Kind zu betreuen und auszuhelfen wo es nur geht. Geld hat sie wenig
und ein regelmäßiger Job steht in weiter Ferne. Zwangsläufig eckt
sie an. Das Jugendamt beobachtet sie und Freunde distanzieren sich, weil sie nicht länger bereit
sind, der jungen Mutter ständig auszuhelfen.
Eigentlich sollte My Name is Ki ein Dokumentarfilm werden, denn der Film basiert auf einer
realen Person, die mittlerweile mit ihrem Kind in Berlin lebt. Aber auch in der fiktiven Variante ist Leszel David und dem
Drehbuchautor Pawel Ferdak eine faszinierende Charakterstudio gelungen, die eine sich tough durch
das Leben schlagende Mutter zeigt, deren chaotische Lebensumstände aber nicht ohne Nebenwirkungen bleiben. Raffiniert
ist die fragmentarische Erzählweise, die einzelne Episoden aus Kis Alltag lose miteinander verknüpft. Als große Stärke
erweist es sich, dabei dass das Drehbuch keinerlei melodramatische Züge trägt und keine dramaturgischen Kniffe benötigt,
um die Handlung voranzutreiben. Dieser fast dokumentarische Inszenierungsstil und die großartig agierende
Roma Gasiorowska in der Hauptrolle machen My Name is Ki zu einem der sehenswertesten Filme des Filmfests.
What are bears for! (Spanien 2011):
Mit What are Bears for! konkurriert eine witzige Liebeskomödie aus Spanien um den Publikumspreis. Tom Fernandez erzählt
von zwei Brüdern, beide Wissenschaftler, die in einem spanischen Wald aneinander geraten. Der eine war Biologe in
der Antarktis, ist aber desillusioniert über den nicht aufzuhaltenden Klimawandel. Der andere Leben mit einem Assistenten
im Wald und versucht Bären zu finden, um den Ort vor Abholzung für ein Bauprojekt zu bewahren. Doch ein Bär wird
vorerst nicht gefangen, stattdessen wird gezankt, verliebt und ordentlich Müll getrennt. Die Welt muss schließlich
gerettet werden.
What are Bears for! ust eine warmherzige Komödie mit viel Dialogwitz und sympathischen Hauptfiguren. Der Film
unterhält prima, ohne allzu sehr in die Kitschfalle zu tappen. Der Klimawandel und notwendiger Umweltschutz werden hier
allenfalls nebenbei thematisiert, ohne dass der Film dabei besonders tiefgründig wäre. Dennoch bereitet es einigen
Spaß den beiden zankenden Wissenschaftlern auf dem Weg zum obligatorischen Happy End zuzusehen. (mr)