Nach einigen guten (
Inuk,
Staub auf unseren Herzen) Filmen und zwei Enttäuschungen
(
Orange Honey, Coppolas
Twixt), bot der dritte Tag des Filmfest zwei echte Highlights:
Maelström (Kanada 2000):
Der titelgebende Malstrom von Denis Villeneuves gleichnamigen Dramas ist ein Gezeitenstrom in Norwegen, für
den starke Wasserwirbel typisch sind. Als Metapher hat er in Mythologie und Literatur Einzug gefunden. Und so
lässt auch Villeneuves Film das Leben seiner Hauptfigur, die Jungunternehmerin Bibiane (großartig: Marie-Josée Croze), in einen solchen Strudel
geraten. Nach einer Abtreibung verliert sie ihren Job und fährt mit dem Auto einen fremden Mann, der an den Folgen
des Unfalls stirbt. Doch das Leben hält eine zweite Chance für sie bereit...
Wer nun an eine weitere Passionsgeschichte denkt, liegt nicht ganz falsch. Doch Villeneuve erzählt seine Geschichte
mit mal lakonischem mal absurden Humor. Als Erzähler der Rahmenhandlung dient etwa ein dicker Fisch, der gerade
in seinem letzten Zügen auf der Schlachtbank liegt und die Ereignisse geradezu wie ein Griechischer Chor kommentiert.
Dieser Verfremdungseffekt stellt raffiniert eine ironische Distanz zur eigentlichen Handlung her, deren in kühlem Blau
gehaltene Bilder ansonsten teilweise schwer erträglich wären.
Wenn Bibiane am Ende des Filmes dann doch noch über einige Hindernisse hinweg ihr kleines Glück findet, dann stellen
sich Momente wunderbarer Kinomagie ein. Nicht zu Unrecht gewann Maelström 2001 fünf Genie Awards, das
Kanadische Gegenstück zum Oscar und wurde als kanadischer Beitrag für letzteren vorgeschlagen.
I primi della lista (Italien 2011):
In das Jahr 1970 führt die Italienische Komödie I primi della Lista von Roan Johnson. In einer Zeit von
Studentenprotesten der späten Sechziger und Auseinandersetzungen mit dem Staatsapparat erhalten drei linke Musiker
die Information, dass das Militär einen Putsch plane. Panikartig verlassen die drei Pisa, um potentiell bevorstehenden
Repressalien zu entgehen. Ihr Weg führt sie bis an die Österreichische Grenze, die sie illegal überqueren und damit
für einiges Chaos sorgen.
Basierend auf einer wahren Geschichte wirft Roan Johnson einen liebevollen, ironischen Blick zurück auf eine
Zeit gesellschaftspolitischer Unruhe. Auch wenn seine Hauptfiguren in ihrer Paranoia beinahe trottelig wirken, so
war die Bedrohung durch einen Putsch nicht völlig aus der Luft gegriffen (in Wahrheit gab es später im Jahr tatsächlich
einen vereitelten Versuch). Dass Johnsons einen Film über diese Zeit dreht und diese einmal nicht bierernst nimmt,
macht einen Großteil des Reizes von I primi della Lista - The First on the List aus. Der Film ist voller herrlicher
Momente, die pointiert inszeniert werden. Wenn die drei Landesflüchtigen in Österreich um politisches Asyl bitten oder
im Gefängnis zum Dusche abgeholt werden sollen, entsteht köstliche Situationskomik von großem Unterhaltungswert. (mr)