Bande Originale - Französische Filmmusik der 60er und 70er Jahre
Erster Teil - Einleitung:
Das Label dreyfus hat vor kurzem acht CD's veröffentlicht,
die sich französischen Filmmusiken der späten 60er, 70er und frühen 80er Jahre widmen.
Diese Reihe stellt Filmmusik 2000 in einem zweiteiligen Artikel vor -
ein nostalgischer Streifzug durch die europäische Kinfosinfonik. Im ersten Teil
stehen Arbeiten von Francois de Roubaix, Francis Lai und Jean Michel Jarre im
Mittelpunkt des Interesses.
"Die Geheimnisse des roten Meeres"Francois De Roubaix (1939-1975):
Les Secrets de la Mer Rouge (1967/1975) ***½
Francoix de Roubaix wurde 1939 als Sohn des Regisseurs Paul de Roubaix
im französischen Hauts-de-Seine geboren. Zu seinem filmmusikalischen Schaffen
gehören rund sechzig Arbeiten für Kino und Fernsehen. Die Karriere des jungen,
aufstrebenden Komponisten wurde jedoch tragisch beendet. Mit nur 36 Jahren
starb Roubaix 1975 bei einem Tauchunfall vor Teneriffa.
Les Secrets de la Mer Rouge war eine 26-teilige Fernsehserie über den
Orient-Abenteurer Henry de Monfreid (1879-1974). Die erste Staffel wurde 1967, die zweite acht
Jahre später realisiert. Die CD von dreyfus präsentiert die Musik beider
Reihen. Für ein kleines Ensemble mit Gitarre, verschiedenen Arten von Flöten
und originellen Perkussioninstrumenten schrieb der Franzose eine reizvolle, sehr
charmante Musik mit folkloristischen Einsprengseln. Das hübsche Hauptthema besitzt
einige Hörreize. Bis auf einige, kleinere Experimente mit elektronischer Musik,
wirkt die CD auch heute noch überraschend frisch. Anteil daran hat nicht zuletzt die
exzellent aufbereitete Klangqualität der Aufnahme.
Les Secrets de la Mer Rouge ist die schönste der acht von dreyfus
wiederveröffentlichten CD's. Keine große Filmmusik, aber für alle Entdeckungsreisenden
eine allemal lohnenswerte Anschaffung.
Zwei Schwachpunkte sollen aber nicht unerwähnt bleiben: Zum einen
der allein in französisch abgefasste Begleittext, zum anderen birgt die CD zur Hälfte
erzählte Erinnerungen von Henro de Monfreid - leider ebenfalls nur in französischer
Sprache. (mr)
"Streifzug durch die französische Filmmusik"Francois De Roubaix (1939-1975):
Musiques de Francois de Roubaix **½
Einen Querschnitt durch das frühe Werk des Komponisten bietet die zweite Francois de Roubaix
gewidmete dreyfus-CD. Die enthaltenen fünf, im Zeitraum zwischen 1967 und 1969 entstandenen Arbeiten, zeigen
eine stärker dem Zeitgeschmack verhaftete Musiksprache und stehen im Zeichen
typischer Jazz- und Swingstandards der Zeit, Chansons und routiniertem Suspense-Scoring.
Roubaix gelingen dabei durchaus einige
nette melodische Einfälle. Das schöne Hauptthema aus Robert Enricos Tante Zita (1968)
gefällt etwa in seiner abwechslungsreich gestalteten Instrumentierung. Das Zusammenspiel
von Cembalo, Klavier und Gitarre geht besonders gut ins Ohr.
Die anderen Musiken fallen demgegenüber allerdings leicht ab. Die Komödie La Blonde de Pékin
(1967, Regie: Nicolas Gessner) oder auch Opération Gaugin (1969) bieten eher
handelsübliche Jazzstandards. Adieu L'Ami (1969, Regie: Jean Herman) ist hingegen den typischen
Spannungsmusiken der Zeit verpflichtet, aber von der handwerklichen Raffinesse eines Jerry Goldsmith in The Prize
weit entfernt.
Die Qualität des Gebotenen bewegt sich insgesamt im Bereich
zwischen 2 und 3 Sternen. Diese Einordnung dürfte angesichts des Nostalgiewertes aber wohl
eher zweitrangig sein. Ob die CD von dreyfus allerdings viele Freunde in Deutschland finden wird,
steht zu bezweifeln. Die zugrundeliegenden Filme sind hierzulande wenig bekannt und
bestenfalls Liebhaber des französischen Kinos dürften sich von den Musiken angesprochen
fühlen. (mr)
"Ein Jahr vor Love Story"Francis Lai (geb.1932):
Le Passager de la pluie (1969) **
Francis Lai dürfte dem Leser hauptsächlich durch die oscarprämierte Musik
für das Liebesdrama Love Story von 1970 im Gedächtnis sein. Ein Jahr
zuvor entstand die vorliegende Musik zum Krimi Le Passager de la pluie - Der aus dem Regen kam.
Darin geht es um eine vergewaltigte Frau, die ihren Peiniger erschießt und ins Meer wirft,
aber von ihrer Vergangenheit später wieder eingeholt wird.
Lai hat dazu eine jazzgefärbte Partitur für ein kleines Ensemble geschrieben, in der Streicher, Klavier neben Gitarre
und Hammondorgel dominieren. Die schlichte Bauart und der Mangel an melodischen Einfällen macht die
melancholische Musik zu einer etwas lustlos vor sich hinplätschernden Angelegenheit.
Selten gibt es ein Aufhorchen, etwa wenn Lai indische Folklore in seine Arbeit integriert.
Doch insgesamt lässt sich hier ähnliches sagen wie zum oben vorgestellten Roubaix-Sampler.
Denn allzu sehr ist auch diese Komposition dem Zeitgeschmack verpflichtet und hat
deshalb ebenso etwas Staub angesetzt.
Le Passage de la pluie ist vor allem als recht ähnlicher Vorläufer der Love Story
interessant. Als eigenständige Komposition bleibt sie hingegen etwas blass und deshalb letztlich
entbehrlich. (mr)
"Frühe Synthie-Experimente"Jean Michel Jarre (geb.1948):
Les Granges Brulées (1973)
Im krassen Kontrast zu den anderen vorgestellten französischen Filmmusiken steht
die Arbeit von Jean Michel Jarre (Sohn von Maurice Jarre) zum Krimi Les Granges Brulées - Die Löwin und ihr Jäger
von 1973. Jarre, der später in den achtziger Jahren mit seinem Album Oxygene große
Erfolge feiern sollte, übt sich auf diesem Frühwerk in ersten Experimenten mit elektronischer
Musik.
Die Klänge der damals eingesetzten Synthesizer wirken aus heutiger Sicht eher rührig
und altbacken, denn seiner Zeit voraus. Das schlichte Hauptthema mit seiner Morricone-verdächtigen
Vokalise ist bereits der Höhepunkt der knapp halbstündigen CD.
Im Anschluss fiept, zirpt und dröhnt es dermaßen aus den Lautsprechern, dass man das Ende
herbeisehnt. Eingefleischte Jarre-Fans dürfen sich immerhin freuen. Denn
vor der dreyfus-Wiederveröffentlichung war Le granges Brulées nur auf LP erhältlich
und ein heißbegehrtes Sammlerstück obendrein.
Die neue CD beeindruckt mit einer exzellenten Aufnahmequalität. Leider fehlt ein Begleittext
mit weiterführenden Informationen zu dieser filmmusikalischen Kuriosität. (mr)
Les Secrets de la Mer Rouge:
dreyfus FDM 36261-2 / 70:09 Min.
Filminfo:
Regie: Claude Guillemot, Pierre Lary
Darsteller: Pierre Massimi, Gabriel Jabbour
Musiques de Francois de Roubaix
dreyfus FDM 36260-2 / 58:59 Min.
Le passager de la pluie
dreyfus FDM 36255-2 / 38:03 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Der aus dem Regen kam"
Regie: René Clement
Darsteller: Charles Bronson, Marlène Jobert
Les Granges Brulées
dreyfus FDM 36254-2 / 28:50 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Die Löwin und ihr Jäger"
Regie: Jean Chapot
Darsteller: Alain Delon, Simone Signoret
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