Als Jerry Goldsmith 1986 die missglückte Fortsetzung des Horrorreißers
Poltergeist vertonte, war der
Synthesizer längst unverzichtbarer Bestandteil vieler seiner Filmpartituren geworden - man denke z.B. nur an
Supergirl (1984),
Legend (1985) oder die im selben Jahr veröffentlichte Musik zu
Hoosiers - Frewiurf, die ihm sogar eine
Oscarnominierung einbrachte. Bereits in den 70er Jahren hatte Goldsmith bei so unterschiedlichen Arbeiten wie
The Illustrated Man und
Logan’s Run mit elektronisch erzeugten Klängen und Effekten experimentiert.
Damals hatte er die Synthetik so innovativ wie durchdacht in den sinfonischen Kontext integriert. Mitte der 80er Jahre
kam jedoch der Siegeszug des Home-Computers langsam ins Rollen und der Synthesizer lag nicht zuletzt seit den
vollständig künstlich entstandenen Vangelis-Kompositionen zu Ridley Scotts
Blade Runner (1982)
und dem Oscargewinner
Chariots of Fire - Die Stunde des Siegers bei Produzenten voll im Trend. Diese Entwicklung machte
auch vor Jerry Goldsmith nicht halt, und so verwundert es kaum, dass mehreren Keyboards in
Poltergeist II neben
dem klassischen Sinfonieorchester eine tragende Funktion zukommt.
Dieser Umstand lässt die Vertonung im Gegensatz zu der des ersten Filmes etwas
antiquiert wirken. Doch im Unterschied zu vielen anderen elektronische Filmmusiken der 80er Jahre fügt Goldsmith
die Keyboards quasi als weitere Stimme in die Besetzung des Orchesters ein. Daraus resultiert eine homogene klangliche
Konzeption, die damals keinesfalls selbstverständlich war und deshalb auch heute noch Beachtung verdient.
Die Bildwirkung der entrückt anmutenden, mitunter sehr atmosphärischen Klangbilder für die "andere Seite" der
Poltergeister dürfte zum Zeitpunkt der Entstehung beträchtlich gewesen sein. Diese Qualitäten haben im Laufe der
Zeit durch den Fortschritt der Computertechnik freilich etwas gelitten. Wer jedoch über die offenkundigen
Zugeständnisse an den Zeitgeschmack hinwegsehen kann, wird jenseits der zum Teil gewöhnungsbedürftigen Soundeffekte mit einer durchweg überzeugenden Komposition belohnt.
Auf thematischer Ebene kehren einerseits bekannte Themen des ersten Teils wie das Carol Ann- und das Familienthema
wieder, doch auch neue Motive - ein angedeuteter Walzer für den Wanderprediger Taylor ("The Power"), ein düsteres
Motiv in den Blechbläsern ("The Visitor") für dessen Gegenspieler und eine zweite lyrische Melodie für Carol Ann
("Last Call") sind zu hören. In einigen Passagen greift Goldsmith dazu of Choräle zurück, die stilistisch ihr
Vorbild in den Omen-Musiken finden. In den Actionstücken dürfen schließlich die
Goldsmith-typischen Ostinati mit den charakteristischen Einsätzen der Blechbläser nicht fehlen.
Natürlich steht Jerry Goldmiths Musik zu Poltergeist II deutlich im Schatten des berühmten ersten Teils, bleibt
aber dessen ungeachtet eine eigenständige und hörenswerte Filmmusik. Die von Varèse Sarabande veröffentlichte
Deluxe Edition löst die limitierte Intrada-CD von 1993 ab, präsentiert in klanglich aufpolierter Form eine um circa
sieben Minuten verlängerte Fassung. Zusammen mit einem ordentlichen, aber etwas oberflächlichen Begleittext ist die
lange Zeit vergriffene CD damit nun auch für eine breite Käuferschicht wieder erhältlich. (mr - 3.1.2005)
Varèse Sarabande VSD-6518
Dirigent: Jerry Goldsmith
61:18 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Poltergeist 2 - Die andere Seite"
Regie: Brian Gibson
Darsteller: JoBeth Williams, Craig T. Nelson
Tracklist:
- The Power (7:48)
- Things (1:59)
- The Mall (2:10)
- Late Call (3:28)
- They're Back (3:38)
- Butterflies (0:50)
- The Visitor (6:40)
- Wild Braces (2:19)
- Leave Us Alone (4:14)
- The Smoke (4:45)
- The Worm (8:06)
- Back to Cuesta Verde (3:16)
- Reaching Out (8:31)
- Carol Anne's Theme (3:05)