Steve Jablonsky ist der jüngste Vertreter aus Hans Zimmers Media Ventures-Studio, der sich anschickt in der internationalen
Filmmusik-Szene Fuß zu fassen. Sein Beitrag zum Horror-Reißer
The Texas Chainsaw Massacre (2003)
war zwar alles andere als ein kompositorischer Meilenstein, der Film selber aber - und das gilt letztlich unter Produzenten als
Gradmesser für die Arbeit eines Komponisten - dafür umso erfolgreicher. Für sein nächstes größeres Projekt - das im England des
19. Jahrhunderts angesiedelte Anime-Abenteuer
Steamboy - konnte Jablonsky offenbar auf ein höheres Budget und damit auch auf die Dienste eines richtigen Orchesters
zugreifen.
Zwangsläufig bietet diese Konstellation damit eine bessere Voraussetzung für eine auch abseits der Bilder funktionierende Komposition.
Tatsächlich arbeitet Jablonksy beim Steamboy stärker thematisch als beim überwiegend aus atmosphärischem Sounddesign
bestehenden Kettensägenmassaker. Ihm ist dabei ein überraschend ansprechendes Hauptthema gelungen, das in unterschiedlicher
Instrumentierung den gesamten Score durchzieht. Diesem steht eine zweite lyrische Melodie für die Figur der Scarlet zu Seite,
die allerdings weniger prägnant ausfällt. In den reichlich vorhandenen Actionsequenzen orientiert sich Jablonsky erwartungsgemäß
an den poppigen Rhythmus-Schemata der Media Ventures-Schule, in denen Ostinati der Streicher neben Drumloops und Perkussion
das Leinwandgeschehen vorantreiben.
Es sind vor allem die melodischen Stücke wie das schöne Scherzo "Scarlet" oder der "Crystal Palace Waltz", die der Musik ihren
Unterhaltungswert verleihen. Dies mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Vertonung des Steamboy vor der deutschen
Veröffentlichung in diversen Internetforen - mit Hinweis auf einen verfügbaren Japan-Import - als Highlight des Jahres angepriesen
wurde. Derlei Lorbeeren sind des Guten allerdings zu viel. Auch wenn die Musik über eine Reihe gefälliger Momente verfügt, bleiben
diese doch eher einfach gestrickt. Die Orchestrierung und der geringe Grad der motivischen Verarbeitung belegen weiterhin die
handwerklichen Grenzen Jablonskys. Erwähnt werden sollte zudem, dass der Löwenanteil der Partitur aus generischen und bereits
x-fach in ähnlicher Form gehörten Action-Stücken besteht.
Am Ende kann das hübsche Hauptthema die kompositorischen Schwächen kaum verbergen. Das in Teilen recht nette Album
(welches hierzulande in der neu geschaffenen Reihe Colosseum Animated vertrieben wird) dürfte zwar bei den Anhängern der
Media Ventures-Schmiede viele Freunde finden, da es in routinierter Manier die geliebten Eigenschaften des Zimmerschen
Action-Scoring mit einer durchaus ansprechenden Melodik vereint. Höheren Ansprüchen genügt die CD deshalb aber noch lange
nicht. (mr - 26.12.2004)