Jules Verne meets Jackie Chan. Auf eine solche Idee muss man erst einmal kommen. Doch die Produzenten des
Walt Disney Studios sind bekannt dafür, beliebte Literaturklassiker für ihre Zwecke in ein modernes Gewand zu kleiden.
Nachdem sie bereits vor einigen Jahren die
Schatzinsel zum
Schatzplaneten umfunktionierten,
und dem
Glöckner von Notre Dame ein Happyend verliehen, geht nun eben Jackie Chan auf Weltreise in der
Neuverfilmung von
In 80 Tagen um die Welt. Offenbar hat es Disney mit der Modernisierung dieses Mal
aber übertrieben, denn die 110-Millionen Dollar schwere Produktion floppte an den amerikanischen Kinokassen und spielte
gerade einmal 24 Millionen wieder ein. Auch in Deutschland tat sich das Spektakel bislang schwer und verschwand schnell
aus den Kinos.
Immerhin hin hat Trevor Jones für die Neuauflage des Klassikers eine recht bunte, vielfältige Abenteuermusik komponiert,
die 2004 im Trubel erfolgreicherer Blockbuster allerdings etwas unterging. Was der Komponist hier präsentiert, ist
eine breitsinfonische Tour de Force, eine Ansammlung aus Stilkopien quer durch die (Film-)Musikgeschichte, oftmals
haarscharf an den zahlreichen Temp Tracks (den beim Drehen verwendeten Stücken) entlangkomponiert. Ob nun klassische
oder filmmusikalische Bezüge (z.B.: George Fentons Anna and the King, John Williams Far & Away oder
Tan Duns Tiger & Dragon, Randy Newmans Maverick, die Disney-Musiken v. James Newton
Howard oder David Arnolds Bond-Musiken): Zu keinem Zeitpunkt bewegt sich die Sinfonik auf eigenständigen Pfaden.
Das ist schade, denn im Prinzip hat Jones mit geschickter Hand eine lustvolle, hübsch orchestrierte Vertonung aufs Notenpapier
gebracht. Leider fehlt ihr ein prägnanter - Zusammenhalt verleihender - thematischer Einfall. Über ein etwas kurzatmiges,
kaum variiertes Hauptthema und einige wenige melodische Akzente kommt die Musik leider nicht hinaus.
Am Ende wirkt die Vertonung wie eine Ansammlung sinfonischer Schaustücke und Stilübungen, die Jones zwar mit
handwerklicher Routine, aber geringer Substanz aneinander reiht. Mit den Vorbildern nicht vertraute Hörer und
diejenigen, die sich nicht an den viel zu offensichtlichen Temp-Tracks stören, könnten aber trotzdem an der Musik
Gefallen finden. Denn wenn auch nicht alles zusammenpasst: abwechslungsreich und in Grenzen unterhaltsam ist das
Gebotene allemal. (mr)
Walt Disney 5 050467 440821
London Symphony Orchestra
Dirigent: Geoffrey Alexander
57:56 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "In 80 Tagen um die Welt"
Regie: Frank Coraci
Darsteller: Jackie Chan
Tracklist:
- Everybody All Over the World (Join the Celebration)(3:13)
performed by David A Stewart and the Sylvia Young Theatre School Choir
- River of Dreams (3:30)
performed by Tina Sugandh
- It's a Small World (2:44)
performed by The Baha Men
Score:
- Around the World Overture (5:18)
- Jetpack Journey (2:17)
- The Wager (5:01)
- Rendezvous in Paris (3:49)
- The Balloon Chase (4:47)
- 1st Class Waltz (2:06)
- Prince Hapi Escape (3:08)
- Agra to China (6:41)
- Return of the Jade Buddha (3:38)
- Lost in America (5:09)
- Dismantling Carmen (1:44)
- Exactly Like My Dream (4:45)