Roland Emmerich scheint einen Heidenspaß daran zu haben, New York in Schutt und Asche zu legen -
zumindest in seinen Filmen. Ob Außerirdische das Weiße Haus wegballern (
Independence Day),
Godzilla alles niedertrampelt, was ihm unter die Pfoten kommt oder nun in
The Day after Tomorrow
mit der nächsten Eiszeit eine Naturkatastrophe über die Menschen hineinbricht: Hauptsache am Ende steht kein
Stein mehr auf dem anderen und ein junger, dynamischer Präsident hält inmitten der Ruinen flammende Reden auf
"god's own country", das sich natürlich nicht durch den erlittenen Schicksalsschlag unterkriegen lässt.
Wen bei dieser filmischen Aussicht nicht gleich der amerikanische Nationalstolz beseelt und wer zudem an
mehr interessiert ist als am aktuellen Stand der Tricktechnik
made in Hollywood - der sollte sich besser den
Gang ins Kino sparen.
Sparen kann sich der Interessent im Prinzip auch den Filmscore. Der zuständige Komponist, der Österreicher
Harald Kloser, hat zwar mit seiner Arbeit endgültig den Karrieresprung von Deutschland nach Amerika vollendet,
diesen allerdings mit einer reichlich blass und uninspiriert wirkenden Arbeit geschafft. Irgendwo im Kielwasser
von Pearl Harbor, Der schmale Grat und Speed bewegt sich der junge
Komponist auf reichlich ausgetretenen Pfaden. Nach der stimmungsvollen Vokalise und dem passablen Hauptthema
im Eröffnungsstück bleibt kaum mehr übrig als elegische Streicherlinien, die deutlich in Richtung Hans Zimmer
schielen, aber letztlich allein der schlicht in Szene gesetzten Leidenstheatralik und dem dick aufgetragenen Pathos
verhaftet bleiben. In diesem Zusammenhang überrascht es auch nicht, dass Kloser für die Eiseskälte, die den
Planeten überzieht, keine überzeugende musikalische Antwort findet. Denn ein halbwegs realistisch ausgeführtes
Katastrophenszenario bietet bereits Emmerichs das Katastrophenszenario in einigen Szenen verwässernder und
verharmlosender Film nicht. Auch die Actionpassagen scheinen in handwerklicher Routine erstarrt.
Natürlich ist das alles über die rund 45 Minuten der CD von Varèse Sarabande leidlich unterhaltsam, aber auch
jederzeit weit von einem durchdachten Konzept, markanten Einfällen und einer gelungenen thematischen Gestaltung
entfernt.
Dies schlägt umso unangenehmer zu Buche, als dass Klosers Arbeit keine eigene Handschrift aufweist und es
ihr an kompositorischer Raffinesse fehlt, um den Mangel an Originalität musikalisch aufzufangen.
So bleibt am Ende eine Musik, die ihre Funktion im Film erfüllt und ihrem Komponisten einen ordentlich dotierten
Gehaltsscheck eingebracht haben wird, aber abseits der Bilder kaum Eigenleben entwickelt. (mr)
Varèse Sarabande VSD-6572
Dirigent: Blake Neely
38:24 Min.
Filminfo:
Regie: Roland Emmerich
Darsteller: Dennis Quaid, Jake Gyllenhaal
Tracklist:
- The Day After Tomorrow (3:27)
- Tornado Warning (2:00)
- Sam! (1:20)
- Tidal Wave (3:14)
- Body Heat (1:50)
- Russian Ghost Ship (1:24)
- Hall's Plan (:53)
- Rio Grande (1:11)
- Bedtime Story (2:03)
- Blizzard (2:18)
- Superfreeze (3:04)
- Cutting the Rope (3:29)
- Because of You (2:29)
- President's Speech (4:19)
- The Human Spirit (3:36)
- Burning Books (1:42)