Zum Film:
In Nackt, dem neuen Film von Doris Dörrie (Männer, Keiner liebt mich), treffen sich drei befreundete Paare
zum gemeinsamen Abendessen. Doch
im Grunde kann man nicht mehr von Freundschaft sprechen, soweit hat man
sich auseinander gelebt. Die scheinbare Harmonie ist längst nur noch bröckelnde Fassade:
Das eine Paar hat sich längst getrennt, das andere wird von Geldsorgen
geplagt und das dritte merkt, dass Geld allein nicht glücklich macht.
Beim Essen wird deshalb kräftig gelästert und so manche giftige Bemerkung ausgeteilt.
Die Verschiedenheit der sogenannten Freunde tritt schnell zu Tage. Als
Höhepunkt des Abends lässt man sich auf ein folgenreiches Spiel ein:
Man streitet darum, ob die Partner sich auch mit verbundenen Augen
durch Tasten nackt erkennen würden...
Der von Bernd Eichinger (Der Name der Rose, Resident Evil)
produzierte Film ist ein dialoglastiges Ensemblestück, das eine Bestandsaufnahme des
Innenlebens deutscher Beziehungen liefert. Die Grundidee ist zwar interessant,
doch mangelt es den Dialogen ein wenig an Sprachwitz und Biss.
Vermutlich war das der Hauptgrund dafür, dass die Komödie beim Filmfestival
von Venedig kaum Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte.
Zum Hörbuch:
Die von Hörverlag veröffentlichte Doppel-CD zu Nackt wird zum Teil als Hörbuch
beworben. Doch davon zu sprechen ist eigentlich irreführend. Denn im Wahrheit handelt
es sich um einen Dialogmitschnitt des Filmes. Da die Dialoge dort aber im Vordergrund stehen,
gelingt der Sprung zum Hörspiel ohne Probleme. Zwar ist die Nichteinführung der Figuren
(etwa durch einen Rahmenerzähler) zunächst leicht irritierend. Doch nach dem sich
diese anfängliche Verwirrung gelegt hat, kommt das Stück auch gut ohne Bilder aus.
Das ausführliche Booklet des "Hörbuches" trägt ebenfalls zum guten Eindruck der Edition bei.
Geboten wird ein ausführliches Interview mit Doris Dörrie sowie Kurzbiographien und
Statements der Schauspieler. Dazu kommt ein akzeptabler Preis, der das "Hörbuch" zu
einer durchaus ernsthaften Alternative zum Kinobesuch macht.
Zum Soundtrack:
Ein Film der praktisch nur an einem Schauplatz spielt und weniger von den Bildern als
den Worten lebt, braucht Filmmusik meist nur als dezente Untermalung und Hintergrundstaffage.
So ist es auch bei der Vertonung von Nackt.
Das Soundtrack-Debüt des Münchener Quartetts Liquid Loop ist jedoch mehr als nur schlichtes Easy Listening.
Zwischen Jazz, Trip Hop und Drum 'n Bass entfaltet sich über neun Stücke eine
entspannte, lässige Untermalung, die zwar weit von großer Filmmusik entfernt ist, aber als
nette Unterhaltung gefällt.
Komplettiert wird das über einstündige Album u.a. von türkischem Pop der Sängerin Sezen Aksu,
Songs von Ella Fitzgerald, der Jazzkombo De-Phazz und den Sofa Surfers aus Wien. Etwas aus
dem Rahmen fällt das nette Akkordeon-Stück des Pragers Ivan Hayek.
Unterhaltsam und als passable Abwechslung von Klassik & Kinosinfonik präsentiert sich der
Soundtrack zu Nackt. Neben dem passablen Score-Anteil bekommt der Hörer ein durchweg abwechslungsreiches
Song-Programm geboten.
So könnte die CD tatsächlich das nächste Abendessen unter Freunden begleiten. Hoffentlich nur in
einer sympathischeren und angenehmeren Atmosphäre als in Doris Dörries Film. (mr)