INHALT

Rezension

"Fliegen mit Vögeln"

Bruno Coulais:

Nomaden der Lüfte (2001) ****

Der Film:

Nach Das Volk der Affen (1989) und Mikrokosmus (1996) präsentiert der französische Schauspieler und Regisseur Jacques Perrin nun einen weiteren ungewöhnlichen Naturfilm - Nomaden der Lüfte.

Für das aufwändige Projekt verfolgte er mit fünf Kamerateams über drei Jahre lang Zugvögel rund um den Globus. Unterstützung erhielt er dabei von zahlreichen Ornithologen, die ihm wertvolle Tipps zu den bevorzugten Nist- und Überwinterungsplätze der Vögel geben konnten. Mit Ultraleichtbauflugzeugen begleiteten die Filmmacher die Tiere. Diese wurden von Geburt an auf bestimmte Menschen geprägt und folgten ihnen deshalb auch in der Luft. Auf diese Weise gelangen einzigartige Nahaufnahmen. Neben diesen "Hauptdarstellern" fing das Filmteam aber auch immer wieder freilebende Arten mit der Kamera ein.

Ultraleichtbauflugzeug im Einsatz Entstanden ist ein faszinierender Tierfilm mit atemberaubenden Bildern, wundervollen Momentaufnahmen und exzellenten Kamerafahrten. Nomaden der Lüfte ist dabei keine Dokumentation im eigentlichen Sinne. Dem Zuschauer werden etwa keine umfassenden Kenntnisse über die Zugvögel vermittelt. Perrin geht es viel mehr darum, Stimmungen einzufangen und ein Gefühl für das Leben der Zugvögel zu vermitteln. Er hat seinen Film nach einem fest vorgegebenes Drehbuch (dessen Storyboards im begleitenden Bildband (siehe unten) angesehen werden können) konzipiert. Die zahlreichen Gefahren und Hindernisse, die zu der langen Reise der Tiere gehören, werden hierbei nicht ausgeschlossen.

Kanadagänse Doch hauptsächlich lädt der Film zum Genießen, Träumen und Schwelgen ein. Ganz nebenbei und ohne erhobenen Zeigefinger vermittelt sich ein tiefer Respekt vor der erstaunlichen Leistung der Vögel, die Tausende von Kilometern auf ihren großen Reisen zurücklegen. Man muß vielleicht ein bißchen Ruhe und Geduld bringen, wenn man sich die Nomaden der Lüfte im Kino ansieht. Wer sich aber darauf einläßt, wird mit einem guten Stück Kinomagie reich belohnt. (mr)

Der Soundtrack:

Zur Vertonung der Nomaden der Lüfte haben sich gleich mehrere Künstler versammelt: Bruno Coulais (Die purpurnen Flüsse (2000)), der bereits zu Mikrokosmus die Musik geschrieben hat, sowie die beiden Songwriter Nick Cave und Robert Wyatt steuern als Hauptkräfte zum Soundtrack bei.

Die von Bruno Coulais geschriebenen Songs sind kein bloßes Anhängsel zum Film, sondern ein integraler Bestandteil. Mit Vogelstimmen und Orchesterklängen angereichert passen sie sich gut in die ohnehin von Vokalisen und Chorgesängen durchzogene Komposition ein. Traumhaft schön ist der Schlußsong "To be by your side" von Nick Cave. Aber auch den melancholischen Liedern von Robert Wyatts gelingt eine stimmungsvolle Untermalung.

Die Originalmusik von Bruno Coulais greift immer wieder auf die Themen der Songs zurück. In "The Red Forest" hallen zum Beispiel die Melodien von "To be by your Side" und "Masters of the Field" melancholisch nach.

Doch auch für die rein orchestralen Passagen hat Coulais ein gutes Händchen. Geschickt variiert er dabei in der Instrumentierung. Doch neben den feinen Cellosoli, den Perkussionelementen und den Vogelgeräuschen sind es vor allem die Vokalanteile, die überzeugen. Reizvolle ethnische Gesänge ("Like a Breath of Air" von der korsischen Gruppe A Filetta) und Kinderstimmen komplettieren das atmosphärisch dichte Gesamtkonzept.

Bruno Coulais hat für den Soundtrack zweifellos einen ungewöhnlichen Zugang gewählt. Viele hätten wohl eher eine rein sinfonische Vertonung erwartet. Doch genau dieser ungewöhnliche Ansatz ist es, der dem Film seinen eigentümlichen Charme verleiht.

Die Filmmusik ist mehr als nur ein nettes Souvenir nach dem Kinobesuch. Auch abseits davon empfiehlt sie sich zum Träumen und Genießen für manche ruhige Stunde. (mr)

Der Bildband:

Cover des Bildbands Wer mehr über die gefiederten Hauptdarsteller der Nomaden der Lüfte und die Entstehungsgeschichte des aufwändigen Naturfilms erfahren möchte, dem sei der begleitende Bildband aus dem Gerstenberg Verlag ans Herz gelegt. Auf knapp 280 Seiten erfährt der Leser nicht nur alles Wissenswerte rund um die Welt der Zugvögel, sondern hat auch die Möglichkeit, sich die schönsten Fotographien aus dem Film noch einmal anzusehen.

Damit ist das liebevoll gestaltete Buch eine hervorragende Ergänzung zu den bewegten Bildern. Da der Film mehr auf die Wirkung seiner Bilder setzt, dürfte manche offene Frage erst in den informativen Texten beantwortet werden.

Lose unterteilt in fünf Kapitel beschäftigen sie sich mit den verschiedenen Arten von Enten, Kranichen, Schwänen bis hin zu den Pinguinen, dem Thema Artenschutz und den Flugrouten der Vögel. Am Ende des Bildbandes wird ausführlich auf die Entstehung des Filmes eingegangen. Wie oben bereits erwähnt, sind Storyboards zu sehen. Teilnehmer des Filmteams berichten dazu in Tagebuchform von ihren unvergeßlichen Erfahrungen beim Dreh.

Der edle Bildband geht weit über ein normales Buch zum Film hinaus. Die aufwändige Gestaltung und die ausgewogene Balance zwischen Information und großartiger Fotographie zeugen von den tollen Bemühungen aller Beteiligten. Das im Gerstenberg-Verlag erschienene Buch ist ein sehr lohnenswertes Filmsouvenir nicht nur für alle Vogelfreunde. (mr)

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Bulgarian Symphopny Orchestra
Leiter: Deyan Paplov
45:28 Min.

Filminfo:
Originaltitel: "Le peuple Migrateur"
Regie: Jacques Perrin

Weiterführendes:

Jacques Perrin - Bildband Nomaden der Lüfte ISBN 3-8067-2903-4
Gerstenberg Verlag
Offizielle Filmseite
Virgin

Tracklist:

  1. To be by your side
    performed by Nick Cave
  2. Masters of the Field
    performed by Robert Wyatt
  3. Northern Bound
  4. The Crossing
  5. The Highest Gander
    performed by Robert Wyatt
  6. Beating Drums
  7. The Return of the Cranes
  8. The Blue Thread
  9. The Red Forest
    performed by Robert Wyatt
  10. Like a Breath of Air
    performed by Filetta
  11. The Takeoff
  12. Amidst the Factory Smoke
  13. The Glider
  14. After the Hunt
  15. The Paper Parrot
  16. The Swans Flight
  17. Feathers and Stripes
  18. The Wounded Dove
    performed by Gabriel Yacoub
  19. Off Camera