Die Veröffentlichung der kompletten Filmmusik zu Joseph L. Mankiewicz Monumentalfilm
Cleopatra markiert eines der großen Ereignisse in der Aufarbeitung der
Filmmusikgeschichte. Die Restaurierung und das Remastering der Originalbänder war ein
Mammutprojekt. Über 2 1/2 Stunden Musik hatte North für den Film, seinem
zweiten epischen Projekt nach Stanley Kubricks
Spartacus von 1960, geschrieben.
Cleopatra war seinerzeit eine der teuersten Hollywoodproduktionen überhaupt, die
rechnet man die Inflation mit ein, in der Größenordnung durchaus vergleichbar mit Filmen
wie
Titanic (1997) und
Waterworld (1995) ist.
Die Cleopatra-Partitur ist ein komplexes Werk, welches sich erst mit vielfachem Hören vollständig
erschließt. In einer effektvollen Mischung aus Modernismus und romantischen Themen,
gelang North eine ungewöhnliche und innovative Tonschöpfung, die sich stark von
den Filmmusiken eines Miklos Rozsa für antike Spektakel, etwa Ben Hur oder Quo Vadis,
unterscheidet. Dessen prachtvoll klingende und üppig orchestrierte Klangwelten entsprechen den
Erwartungen des Hörers stärker als Cleopatra mit seinem abstrakten und sehr modern
gehaltenen Stil. North ist deutlich sparsamer im Einsatz der musikalischen Mittel. Die Verwendung exotischer
Instrumente und ungewöhnlicher Klangkombinationen erzeugt eine außergewöhnliche und nicht minder
effektvolle Atmosphäre.
Romantisches gibt es aber auch bei North zu entdecken: die Liebesthemen für Cleopatra und Caesar, sowie
Cleopatra und Antony sind wunderschöne wie eingängige Melodien voller subtiler Eleganz.
Großartig ist auch das Ehrgeiz-Thema Cleopatras, dass in der Ouvertüre ausdrucksstark von
Streichern, Mandoline, Harfe sowie Gitarre gespielt wird.
Wie aufwendig und umfangreich die Restaurierung der Musik gewesen sein muss, zeigt nicht nur
die Länge der Einspielung, sondern auch die Tatsache, dass viele Stücke aus mehreren separaten
Tonspuren bestanden, die neu gemixt und synchronisiert werden mussten. Allein im Falle der
Ouvertüre waren dies 32 (!) verschiedene Tracks.
Die Mühe hat sich gelohnt. In sauberen Stereoklang (dem man sein Alter naturgemäß ein wenig anhört)
erklingt einer der großen Filmkompositionen des 20. Jahrhunderts erstmals chronologisch und
komplett.
Das begleitende 24-seitige Booklet ist sehr schön gestaltet und rundet den glänzenden Eindruck
der tollen Veröffentlichung von Varèse Sarabande ab. Man kann der liebevollen Edition nur
viele Käufer wünschen, denn allein so können auch in Zukunft vergleichbare Editionen
finanziert werden. (mr)
Varèse Sarabande VSD-6224
Dirigent: Alex North
1. CD: 29, 76:12 Min. / 2. CD: 24, 74:49 Min.
Regie: Joseph L. Mankiewicz
Darsteller: Elizabeth Taylor, Richard Burton