Wie viele seiner Kollegen hat auch der Amerikaner Mark O'Connor
ein offenes Ohr für die Kinosinfonik.
Zum Beispiel für die Dokumentation
Liberty! The American Revolution hat er den Soundtrack komponiert.
Im Vordergrund seiner Arbeiten steht aber die für den Konzertsaal.
Ein sehr schönes Album mit Werken für Violine und Orchester hat nun Sony Classical
veröffentlicht. In Anlehnung an Vivaldis Vier Jahreszeiten entstand
ein amerikanisches Pendant - The American Seasons. O'Connor, Komponist
im Selbststudium, hat seine Wurzeln in Country, Jazz und Blues. Zwei seiner früheren Orchesterstücke
nannte er deshalb bezeichnenderweise auch nicht Violin-, sondern Fiedelkonzerte 1 & 2.
Die amerikanischen Jahreszeiten bieten fröhlich-optimististische Fiedelmusik mit
Bezügen zu Copland und Gershwin. Ein ganzes Stück Americana schwingt in dieser
gut gelaunten, frisch wirkenden Komposition mit. Jeder der Jahreszeiten sind zwei
Phasen des Lebens gewidmet. Im "Frühling" ist etwa das schöne Geburtsthema, Basis
zahlreicher geschickter Variationen, zu hören.
Der "Herbst" hingegen ist elegisch und im Ton viel zurückhaltender als der musikalisch
überschäumende Sommer mit seinen fröhlich-optimistischen Tänzen.
Das Finale des Winters explodiert regelrecht, wie es bildhaft im schön gestalteten Booklet
beschrieben wird. Hier verbinden sich Blues, Jazz und Folk Elemente zum Finale, in dem
auch das Geburtsthema zurückkehrt.
Mark O'Connors American Seasons wurden von manchem Kritiker schon zu einem
Meisterwerk hochgeschrieben. Ganz so weit muß man sicher nicht gehen. Ein mitreißendes,
funkensprühendes Orchesterwerk ist dem jungen Komponisten aber in jedem Fall gelungen.
Dem gegenüber fallen die folgenden beiden Kompositionen der CD dann doch etwas ab.
Die "Thrings & Threads Suite" wurde 1986 uraufgeführt und war damals für Solovioline
ohne Begleitung vorgesehen. Für diese Aufnahme wurde sie dann für Yo-Yo Ma für Violine
und Streicherbegleitung umgeschrieben. Durchzogen ist das Werk erneut von einer
stimmigen Mischung aus Americana, Blues und Swing. Kurze Tänze und erneut schönes
Gefiedel von O'Connor machen die im Vergleich zu den Jahreszeiten etwas schlichtere
Komposition ebenfalls hörenswert.
Zum Abschluß der CD erklingt der "Appalachian Waltz" (erneut für Yo-Yo Mas Cello
umgeschrieben), ein elegischer Walzer, der bereits auf einer früheren Einspielung
von Sony Classical zu hören war.
Das ausführliche wie ansehlich gestaltete Booklet rundet die überzeugende Kompilation
ab. The American Seasons ist ein schönes Klassik-Album, welches nicht nur
Anhängern amerikanischer Fiedelmusik gefallen dürfte. (mr)