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André Previn |
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Seine filmmusikalische Karriere hat André Previn bereits Ende der 70er Jahre an den Nagel
gehängt. Seitdem widmet sich der Amerikaner hauptsächlich der Dirigententätigkeit und immer wieder
auch dem Schreiben von Werken für den Konzertsaal. Die Chance, von einem größeren Publikum als
Komponist wahrgenommen zu werden, gibt ihm nun die vor einigen Monaten veröffentlichte CD der
Deutschen Grammophon. Zugpferd ist die virtuose Geigerin Anne-Sophie Mutter, die das von Prévin
2002 komponierte Violinkonzert und Leonard Bernsteins Serenade interpretiert.
Previn hat das im Auftrag der Boston Symphony entstandene Violinkonzert vollkommen auf ihre
Fertigkeiten zugeschnitten. Ein wahres Werk der Liebe ist daraus geworden - denn erst kürzlich
heiratete der 74jährige die 34 Jahre jüngere Starsolistin. "Ich kenne keinen besseren Geiger oder
Musiker. Sie hat ungeheuer viel Phantasie und verfügt über eine perfekte Technik. In technischer
Hinsicht liegen ihr einige Dinge ganz besonders, und so konnte ich etwas für sie schreiben, das
sie wirklich gern spielt.", wird Previn im Booklet zitiert. Und tatsächlich glänzt das dreisätzige
Violinkonzert (das übrigens den Untertitel "Anne-Sophie" trägt) als klangschönes, lyrisch verspieltes
Werk, das in seinen spätromantischen Ansätzen der klassischen Filmmusik und damit auch der eigenen
Vergangenheit des Komponisten nahe steht.
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Anne-Sophie Mutter |
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Während der erste Satz nach Previns Aussage, der "üppigste, traditionellste" ist und hörbar an die
Violinkonzerte Korngolds und Rózsas anknüpft, sind die anderen beiden Sätze etwas harscher und
spröder gehalten. Auf Anregung seiner Frau verarbeitete er im finalen Satz das deutsche Volkslied
"Wenn ich ein Vöglein wär" - auch wenn seine Frau sich aus dem eigentlichen Komponieren heraushält,
zeigt sich hier doch deutlich, wie eng die beiden zusammengearbeitet haben.
Zwischen der Entstehung von Previns Violinkonzert und Leonard Bernsteins Serenade nach Platons Symposium
liegen rund 50 Jahre. Wenige Monate vor Fertigstellung der Komposition für Solovioline, Harfe
und Streicher war Bernstein noch mit seiner Filmmusik zu On the Waterfront beschäftigt gewesen
und kurze Zeit später sollte dann seine berühmte West Side Story folgen. Zwischen zwei so
markanten, publikumsträchtigen Werken ist die Serenade vergleichsweise eine sehr persönliche
Komposition.
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Leonard Bernstein |
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Die Querverbindungen zwischen Bernsteins Musik und der literarischen Vorlage des griechischen
Philosophen sind kaum auszumachen. Aber auch ohne diese Verknüpfung handelt es sich um ein
ausdrucksstarkes, lebendiges Werk, das dem Komponisten so viel bedeutete, dass er es zu Lebzeiten gleich
mehrfach selber aufgeführt hat. Die einzelnen Sätze bauen raffiniert auf einander auf und entwickeln
ihre Ideen fortwährend weiter. Der fünfte und letzte Satz mündet dann sogar in mitreißenden
Jazzanklängen für die Feierszene. Hier entfernt sich Bernstein besonders weit von der griechischen
Antike (die stilistisch ohnehin keine Rolle spielt) und zeigt sich ganz und gar als amerikanischer
Komponist.
Das virtuose Spiel der Anne-Sophie Mutter, die gut aufgelegten Londoner bzw. Bostoner Sinfoniker und die exzellente
Klangtechnik lassen bei dieser feinen Aufnahme kein Wünsche übrig. Auch das informative Booklet trägt
zum überzeugenden Gesamteindruck bei. Alles in allem eine schöne CD. (mr)
Deutsche Grammophon 474 500-2
Boston Symphony Orchestra/London Symphony Orchestra
Dirigent: Andre Previn
70:54 Min.
Tracklist:
André Previn (*1929) - Violin Concerto
- I. Moderato (9:49)
- II. Cadenza - Slowly (13:27)
- III. Andante ("from a Train in Germany") (16:22)
Leonard Bernstein (1918-1990) - Serenade
- I. Phaedrus - Pausanias (6:43)
- II. Aristophanes (4:26)
- III. Erixymachus (1:31)
- IV. Agathon (7:55)
- V. Socrates - Alcibiades (10:44)