Wenn Menschen mit besonderen Erfahrungen ihre Erlebnisse in Buchform aufzeichnen,
bringt dies dem Leser zwar nicht immer gute Literatur, in der Regel aber zumindest eine interessante Geschichte.
So auch im Falle von Corinne Hofmanns autobiographischen Bestseller
Die weisse Massai.
Die Autorin aus der Schweiz erzählt darin von ihrer Ehe mit einem afrikanischen Massai-Krieger, mit dem sie mehrere Jahre
unter einfachsten Bedingungen im kenianischen Busch gelebt hat. Das Buch hat sich nicht nur bestens verkauft, sondern auch zwei
Fortsetzungen nach sich gezogen. Pünktlich zum Erscheinen des dritten Teils kommt nun die Verfilmung des ersten Buches
in die Kinos.
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Nina Hoss |
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Die einfühlsame und schön bebilderte Adaption der faszinierenden Geschichte ist vermutlich das Beste, was
der sprachlich eher schlichten Vorlage passieren konnte. Hermine Huntgeburth hat den Stoff zwar als leicht geglättetes
Unterhaltungskino auf die Leinwand gebracht. Doch gerade durch den Dreh an Originalschauplätzen in Afrika unter Einsatz
zahlreicher Laien-Darsteller wirkt die Produktion überraschend authentisch und läuft praktisch nie in Gefahr,
zum seichten Ethno-Kitsch zu verkommen. Die archaische, primitive Kultur der Massai wird erfreulicherweise weder verharmlost,
noch gegen die westliche Zivilisation ausgespielt. So werden brutale Traditionen, etwa die Beschneidung eines jugendlichen Mädchens,
ebenso thematisiert wie die entwaffnende Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Massai.
Eine Szene entlarvt sogar die Naivität der Schweizerin: Sie erscheint zur traditionellen Hochzeit im Busch im deplazierten
weißen Brautkleid. Diese differenzierte Betrachtung zeichnet den gut gespielten Film aus. Allein am Ende nach gescheiterter Ehe
und Flucht zurück in die Heimat verschieben sich die Sympathien dann doch etwas zu sehr zugunsten der Europäerin.
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Nina Hoss |
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Musikalisch wird die Reise nach Kenia von Niki Reiser begleitet. Der ebenfalls aus der Schweiz stammende Komponist hatte
bereits in Caroline Links
Nirgendwo in Afrika (2001) musikalische Erfahrung mit dem fremdartigen Kontinent
sammeln können. Für
Die weisse Massai wiederholt er praktisch das gleiche Konzept, welches ihm damals den deutschen
Filmpreis einbrachte: Elegische Streichermelodien, afrikanische Gesänge und perkussive Passagen stehen neben intimen
Soli von Cello und Klavier. Dabei fallen die Unterschiede zum "Vorgänger" gering aus: Da die Handlung in der Gegenwart
spielt, finden lediglich etwas zeitgemäßere Folklorestücke Verwendung. Poppige Rhythmen und der Einsatz der Gitarre geben der
Musik entspanntes Afrika-Flair. Dabei entpuppen beide Musiken ganz parallele Stärken und Schwächen. Während die klangschönen
Melodien und die gelungene Crossover-Mixtur überzeugen, besitzt auch
Die weisse Massai auf CD einige Redundanzen.
Enttäuschend ist aber vor allem, dass die behutsame Annäherung an das Naturvolk keine echte musikalische Entsprechung findet.
Die Perspektive bleibt dafür zu westlich geprägt, die ethnischen Elemente zu sehr klischeebelastetes Kolorit. Wirklich
authentische Folklore-Musik der Massai dürfte sich anders anhören.
Unterm Strich steht damit eine CD, die zwar über beträchtliche Hörqualitäten verfügt, aber den unangenehmen
Beigeschmack hinterlässt, dass Reiser hier mit groben Pinselstrich lediglich Postkarten-Klischees von Afrika abbildet,
anstatt sich auf die spezielle Folklore der Massai einzulassen. Das mag auf ausdrücklichen Wunsch der Produzenten geschehen sein.
Doch unterwandert die Vertonung damit manche lobenswerte Ambition des ansonsten durchaus sehenswerten Filmes. (mr)
Virgin/EMI 337408 0
Berlin Score Orchestra
Dirigent: Rainer Bartesch
48:03 Min.
Filminfo:
Regie: Hermine Huntgeburth
Darsteller: Nina Hoss
Tracklist:
- Die weisse Massai (3:35)
- Malaria (2:29)
- Busfahrt nach Maralal (3:32)
- Liebe in Nairobi (2:59)
- Der lange Weg (3:07)
- Der Abschied (3:03)
- Totgeburt (2:58)
- Totenlied (1:10)
- Lemalian fährt Jeep (1:43)
- Versöhnung (2:19)
- Allein in Nairobi (2:19)
- Rückkehr nach Barsaloi (3:46)
- Das Ende (3:59)
- Ladeneröffnung (1:22)
- Liebe im Dorf (2:38)
- Geburt (1:59)
- Hotel Mombasa (1:59)
- Carola's Melodie (1:13)
- Warriors (1:19)