Miklós Rózsa stand beim Filmstudio MGM von 1949 bis 1962 unter Vertrag. Vorher hatte er als
Freelancer gearbeitet - eine Einstellung, die ihm mehr Freiheiten bei der Auswahl seiner Projekte
erlaubte. Doch Ende der 40er Jahre, in einer Zeit in der das Fernsehen aufkam und sich das Kino in einer
aufkeimenden Krise befand, erschien es ihm ratsam, als "staff composer" - also angestellter Komponist -
bei einem der großen Studios anzuheuern.
Zu diesem Zeitpunkt war Rózsa bereits ein profilierter Filmkomponist, der sich mit den
Filmen Alexander Kordas (Die vier Federn (1939), Der Dieb von Bagdad (1940) und Das Dschungelbuch (1942))
und den oscarprämierten
Musiken zu Hitchcocks Spellbound - Ich kämpfe um Dich (1945) und A Double Life - Ein Doppelleben (1947)
in die erste Liga der Kinosinfonik des Golden Age katapultiert hatte.
Sein Vertrag bei MGM besaß freilich besondere Konditionen: Rózsa ließ sich die Sommermonate freistellen,
um in Europa an seinen Konzertwerken arbeiten zu können. Dazu unterrichte er bis 1965 neben seinen Filmprojekten
an der USC, der Universität von Südkalifornien - eine weitere ausgehandelte Freiheit,
die ihm das MGM-Studio ließ.
In seiner Zeit als "Angestellter" schrieb Rózsa zwischen 1949 und 1962 rund 35 Filmpartituren. Nach seiner
Arbeit zu Quo Vadis (1950) galt er dabei als Spezialist für üppige Kostümstoffe, insbesondere
Bibelepen. So ist es auch kein Wunder, dass von den dreizehn Filmmusiken der Kompilation
Rózsa at M-G-M von Rhino, nur eine - nämlich The World, The Flesh and the Devil (1959) -
keinen Kostümstoff trifft.
Zwei wichtige Rózsas aus dieser Zeit hat die Doppel-CD nicht zu bieten. Der eine ist Ben Hur, dem Rhino ein eigenes edles
Doppel-Album gewidmet hat. Die andere Musik ist die von Quo Vadis, die als verschollen gilt. Doch
auch der auf diese Meilensteine verzichtende Überblick der dreizehn Suiten zeigt Rózsa von seiner besten
Seite: Die expressionistisch-romantische Musik zur Verfilmung von Gustav Flauberts Madame Bovary
(1949) macht den Anfang. Sie wird gefolgt von den Fanfaren, Romantizismen und der kraftvollen Actionuntermalung
der King Arthur-Legende Die Ritter der Tafelrunde (1953) sowie Ivanhoe (1952).
In das Reich der Pharaonen führt Das Tal der Könige - Valley of the Kings (1954) mit
seinen charakteristischen Orientalismen, die Rózsa ganz ähnlich bereits zuvor in Die vier Federn (1939)
verwendet hatte.
Die zweite CD wird mit einer Suite aus Green Fire von 1954 eröffnet. Musikalisch geht
es hier in südamerikanische Gefilde. Als einzige der vertretenen Kompositionen besitzt Green Fire
einen Titelsong - ein neuer Trend Anfang der 50er Jahre, der viele Komponisten dazu nötigte,
ein Lied in ihre Arbeit zu integrieren (vgl. High Noon oder Joy in the Morning).
Davon befreit sind die packenden Kompositionen zum Swashbuckler The King's Thief - Des Königs Dieb
und Take a hard Ride - Mein Wille ist Gesetz, einen der insgesamt nur zwei Western, die Rózsa in seiner langen Karriere
vertont hat. Ein Höhepunkt ist die impressionistische Partitur für die Künstlerbiographie über den
Maler Vincent van Gogh - Lust for Life von 1965.
Ins postnukleare Manhattan versetzt den Zuschauer das Drama The World, The Flesh and the Devil, für das Rózsa eine
düster-moderne Tonschöpfung kreiert hat, die sich leicht von den anderen Suiten absetzt. Den glorreichen
Abschluss bringt erneut ein Bibelepos, in dem der Ungar erneut alle seine Stärken ausspielen kann: King of Kings
- König der Könige von 1961.
Qualitativ bewegen sich die gebotenen Musiken im Bereich exzellenter Routine (Valley of the Kings, Green Fire)
bis hin zu Karriere-Meilensteinen wie Knights of the round Table oder Lust for Life, also im Bereich
von 4 und 6 Sternen. Die Klangqualität der Aufnahmen kann sich für das Alter sehen lassen. Mit Ausnahme von
Madame Bovary und Ivanhoe, die in sauberen Mono erklingen, sind alle Suiten in Stereo erhalten
geblieben.
Ein Großteil der präsentierten Partituren, ist inzwischen zwar auch als Komplettfassung erhältlich. (King of King
und Ivanhoe von Rhino; Green Fire, The World, the Flesh and the Devil,
Knights of the round Table, The King's Thief, Tribute to a bad Man und Lust for Life
vom amerikanischen Filmmusikmagazin Film Score Monthly).
Doch da diese Alben nicht gerade preiswert und nur als US-Import erhältlich sind, ist Rózsa at M-G-M gerade
zum Einstieg in Sachen Rózsa besonders zu empfehlen. Das feine, ausführliche Booklet und der mittlerweile im
Mid-Budget-Segment angesiedelte Preis machen die Edition darüber hinaus äußerst attraktiv.
Besser kann man in Sachen Miklós Rózsa wohl kaum beginnen. (mr)