Wer auf das CD-Cover des neuen Horror-Reißers
Abominable schaut,
könnte meinen, es mit einer unbekannten 70er Jahre Musik von Lalo Schifrin zu
tun zu haben. Doch die Musik stammt tatsächlich aus dem Jahr 2006 und während
man sich noch verwundert die Augen reibt und fragt, warum Schifrin ausgerechnet
einen solchen zweitklassigen Horrorschocker vertont hat, liest man im
Kleingedruckten, dass der Sohnemann Ryan hier sein Regiedebüt feiert.
Das erklärt so einiges, nicht zuletzt die ungewöhnliche Herangehensweise
an einen neuen Horrorfilm wie diesen.
Schifrin hat für die Monsterhatz seines Sprösslings nämlich eine sperrige, altmodische
Horrormusik geschaffen, die nichts mit den derzeit in Hollywood üblichen
Genrearbeiten zu tun hat. Es gibt kaum technoartige Beats und
(abgesehen vom CD-Beginn) nur wenige synthetische Klangeffekte. Stattdessen
ist Abominable eine wohltuend klassische Spannungsvertonung, die wie das
CD-Cover aus den 70er Jahren stammen könnte. Sie orientiert sich in den
kurzen Paraphrasen der Streicher und Holzbläser an den Spannungsvertonungen
eines Bernard Herrmann, verweist zugleich in den stakkatoartig wiederholten
Klaviermotiven aber auch auf John Carpenters Halloween.
Und bei einer derartigen 70er Hommage darf schließlich im sperrigen
Zusammenspiel zwischen Streichern und Perkussion Jerry Goldsmith als weiteres
Vorbild nicht fehlen.
Schifrin scheint mitunter allerdings so sehr vergangenen Zeiten nachzuhängen,
dass er darüber ganz vergessen hat, der Mischung etwas Neues hinzuzufügen.
So ist die entscheidende Schwäche seiner Komposition auch der Verzicht
auf markante Themen und Motive, die als roter Faden dienen könnten.
Vereinzelt gelingen Schifrin vorzügliche Spannungsuntermalungen,
in denen passable motivische Ideen aufblitzen. Doch viel zu oft wirkt
die Komposition episodenhaft ohne übergeordneten Zusammenhang. Zu selten
und kurzatmig sind melodiöse Ruhepausen wie in "Preston’s Memories".
Das ist doppelt schlimm, da einige monotone oder lärmende (meist duch das hämmernde
Stakkato einfacher Motive) Passagen sehr
zum durchwachsenen Gesamteindruck beitragen. So ist Abominable
zwar eine solide Hommage an typische Horrormusiken der 70er Jahre und mit den Bildern
vermutlich eine effektvolle Vertonung. Losgelöst vom Film wirkt diese jedoch
wie ein seltsamer, streckenweise gar schwer verdaulicher Anachronismus. Sie
zeugt dem ungeachtet von der Routine des Altmeisters. Die letzte Raffinesse geht ihr
jedoch ab. (mr)
Aleph Records 4 51702 63572 6
The Czech National Symphony Orchestra
Dirigent: Lalo Schifrin
61:30 Min.
Filminfo:
Regie: Ryan Schifrin
Darsteller: Lance Henriksen
Tracklist:
- Pre-Title Sequence (0:49)
- Main Title (2:05)
- Animal Mutilations (3:21)
- Preston's Memories (3:47)
- Abduction (3:11)
- There Is Something Out There (4:24)
- Monster Vision (6:39)
- Preston and Amanda (2:41)
- The Cave (5:02)
- Squatch Revealed (2:31)
- Rampage (2:48)
- Setting the Trap (4:33)
- Rappelling (3:22)
- Escape Attempt (1:46)
- Off-Road Rage / Final Battle (3:03)
- The Survivors (1:58)
- Searching the Woods (1:30)
- One Blade of Grass (2:27)
performed by Pat Windsor Mitchell
- Girls Next Door (1:47)
- Otis Leaves (0:46)
- Rampage (alternate) (2:30)