Der weiße Hai von 1975 ist in mehrerer Hinsicht ein wichtiger und bemerkenswerter
Film. Nicht nur, daß
Jaws längst zu einem Genreklassiker geworden ist,
sondern auch daß der hintergründige Horrorstreifen sowohl Steven Spielberg als
auch John Williams den großen Durchbruch in Hollywood bescherte,
macht ihn zu einem Werk von herausragendem Stellenwert.
Spielberg hatte vorher mit
Duell und
Sugerland Expreß
(letzterer war die erste Zusammenarbeit mit Williams gewesen) nur
zwei Kinofilme inszeniert.
Der weiße Hai war sein erster großer Publikumserfolg und
damals sogar erfolgreichster Film aller Zeiten.
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Der weiße Hai |
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Williams hatte bereits einen etwas höheren Bekanntheitsgrad erlangt, nachdem er schon fünffach
oskarnominiert und mit der begehrten Statue für seine Musikbearbeitung bei
Fiddler on the Roof
ausgezeichnet worden war. Dennoch hat
Jaws für ihn eine ganz besondere Bedeutung:
Er gewann mit seiner Musik erstmals den Oscar für eine reine Eigenkomposition und
wenngleich die Partitur offensichtlich von Igor Stravinkys "Rite of Spring" inspiriert ist,
markiert sie einen Meilenstein in Williams' Karriere. Das aus nur zwei Noten bestehende
Signaturthema für das Herannahen des Haies gehört neben den Streicher-Glizzandi Bernard Herrmanns in Hitchcocks
Psycho wohl zu den berühmtesten musikalischen
Motiven für unmittelbar drohende Gefahr. Es ist eines der unsterblichen Themen der Kinosinfonik,
welches in jedem Hörer unmittelbare Assoziationen hervorruft. Doch es wäre ein Fehler, die Musik
von
Jaws nur auf dieses zweifellos brillante und ebenso virtuos variierte Thema zu reduzieren.
Es gibt viele weitere faszinierende Elemente, wie das schöne Thema in "Montage", das die Ankunft
der Touristen untermalt oder die ruhigen Harfenklänge in "Father and Son".
Die Musik ist weitaus weniger üppig als viele späteren Williams-Kompositionen
und beeindruckt durch ihre effektvoll und abwechlungsgreich eingesetzte Orchestrierung mit
u.a. Piccolos, Celesta, Glockenspiel, Vibraphon und Harfe.
Es gibt eine Vielzahl von Höhepunkten, vom ersten Auftreten des Haithemas im berühmten
"Main Title" bis zum vielleicht schönsten Stück der Filmmusik, "Man against Beast", wo
die verschiedenen Themen der Partitur faszinierend zusammengeführt werden.
Die Musik zu Der weiße Hai ist wie der Film inzwischen längst ein Klassiker.
Sie ist sicher nicht so eingängig wie die meisten späteren Arbeiten von John Williams,
und es bedarf schon des mehrmaligen Hörens, um dieses frühe Meisterwerk des Komponisten
richtig einschätzen zu können. Doch das sollte keinen Filmmusikinteressierten davon
abhalten, sich mit diesem wunderbaren Werk auseinanderzusetzen.
Auf CD sind mittlerweile drei unterschiedliche Einspielungen erhältlich, die jeweils
verschiedene Repräsentationen der Partitur bieten:
Alle drei Veröffentlichungen sind überzeugende Repräsentationen der meisterhaften Filmmusik von
John Williams. Neben der inzwischen recht günstig erhältlichen MCA-CD ist vor allem die
Decca-Ausgabe mit der originalen Filmmusik zu empfehlen. Die McNeely-Einspielung
ist als Neuinterpretation sicher nicht uninteressant, dürfte aber wohl eher
die dritte Wahl in diesem Feld sein. (mr)
Die 2000 von Decca erstmals veröffentlichte Originalaufnahme wurde ebenfalls von John
Williams produziert und enthält die komplette Filmmusik, ergänzt um Material, das im
Film keine Verwendung fand bzw. gekürzt wurde. Auch hier wurden zugunsten einer besseren
Hörbarkeit einige Stücke zu Suiten zusammengeführt. Dank des mittels 24-Bit Technologie
vorgenommenen Mastering kann das Klangbild voll überzeugen. Zusammen mit einem
liebevoll gestalteten Booklet, das neben Filmfotos einen ausführlichen Begleittext enthält,
macht die
Collector's Edition von Decca einen sehr guten Eindruck. Schade nur, daß einige
schöne Suiten des ersten Albums fehlen.

Ebenfalls 2000 erschien eine Neuaufnahme der Musik,
die von Joel McNeely zusammen mit dem Royal Scottish National Orchestra eingespielt wurde.
Wenig überraschend bietet sie von allen drei erhältlichen
Jaws-Soundtracks das beste Klangbild.
Die Veröffentlichung enthält die Musik in chronologischer Reihenfolge, wie
sie im Film zu hören ist. Abgesehen von der Reihenfolge der Stücke ist die CD praktisch
inhaltsgleich mit der Decca-Einspielung. Das Orchester spielt gut, kann
der Partitur aber keine nennenswert neuen Aspekte abgewinnen.
Die innerhalb der Film Classics - Reihe von Varèse Sarabande erschienene CD bietet von den drei
Einspielungen die genaueste Analyse der Musik im Booklet, aber (vermutlich rechtlich bedingt) keine
Filmfotos. (mr)