Das Leben der Anderen wirft einen beklemmenden Blick auf
die repressiven Machenschaften des Ministeriums für Staatsichersicherheit in der
DDR Mitte der 80er Jahre. Am fiktiven Beispiel eines systemkritischen Dramatikers
zeigt Florian Henckel von Donnersmarck in seinem Spielfilmdebüt die unmenschlichen
Abhör- und Foltermethoden der Stasi, thematisiert zugleich aber auch Macht und
Ohnmacht des Systems. Das elfmal für den Deutschen Filmpreis (unter anderem auch für die
Musik) nominierte Drama wird musikalisch von Gabriel Yared und Stéphane Moucha
begleitet, lässt aber auch eine Reihe von DDR-Songs der Zeit zu Gehör kommen,
wobei die Spanne von versteckt systemkritischen Stücken der Band Karat und Silly
über Easy Listening-Jazz bis hin zu trivialen Ostschlagern eines Frank Schöbel
reicht.
Die eigentliche Originalmusik kommentiert die Handlung mit einem zurückhaltenden,
die bedrückende Atmosphäre der Handlung unterstreichenden Vertonungsansatz.
Elegische Streicheradagios und rhythmisch durchdrungene Spannungssequenzen stehen
im Mittelpunkt der Komposition, die mit den Prager Philharmonikern aufgenommen
wurde. Sie trägt deutlich die Handschrift Yareds, ist nur einen Steinwurf von
seinen üblichen Arbeiten entfernt. Erfreulich ist aber trotzdem, wie gut er
zusammen mit Moucha Das Leben der Anderen durchkomponiert hat und auf
handelsübliche Suspense-Klischees verzichtet. Da gibt es kaum Leerlauf. Selbst
die Spannungssequenzen sind mit ihren Streicherostinati (z.B. im eröffnenden
"Die unsichtbare Front") und Einwürfen der Holzbläser nicht nur geschickt instrumentiert,
sondern durchaus markant gestaltet. Gerade mit mehrmaligem Hören kristallisieren
sich eine Reihe schöner melodischer Einfälle heraus, überzeugen die
wiederkehrenden Soli von Gitarre, Klavier und Klarinette. Kern- und Angelstück
bildet allerdings die klassizistische "Sonate vom Guten Menschen", eine Klavieretüde,
die der Dichter spielt und für den abhörenden Stasi-Offizier zum entscheidenden
persönlichen Wendepunkt wird, fortan dem observierten Künstler zu helfen.
Damit wird die Musik zwar nicht gleich zum großen Wurf. Von einer stimmungsvollen,
atmosphärisch dichten Vertonung kann man aber schon sprechen, auch wenn die
thematische Verarbeitung zwangsläufig ihre Grenzen hat und der Repertoirewert
aufgrund einer Reihe ähnlich akzentuierter Yared-Musiken eher eingeschränkt ist.
Trotzdem stellt Das Leben der Anderen ein seltenes wie gutes Beispiel
für einen überaus effektvollen Musikeinsatz in einem Deutschen Film dar. Da geben
selbst die Songs einen spannenden Einblick in die letzten DDR-Jahre. Und
das macht die CD dann unterm Strich doch lohnenswert. (mr)
Colosseum CST 8106.2
The City of Prague Philharmonic Orchestra
Dirigent: Adam Klemens
71:15 Min.
Filminfo:
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Darsteller: Martina Gedeck, Sebastian Koch
Tracklist:
- Die unsichtbare Front (2:43)
- HGW XX/7 (5:34)
- Gral (2:37)
(Ludwig Petrowsky)
- E.W. als Gruß (2:33)
(Ludwig Petrowsky)
- Linienstraße (2:51)
- Der Verrat (2:05)
- Champus Lied (3:29)
performed by Angelika Mann
- Ich würde, wenn ich wüßte, daß ich könnte (4:00)
performed by 4PS
- Das Leben der Anderen (5:14)
- Die Sonate vom guten Menschen (1:40)
- Wie ein Stern (6:20)
performed by Frank Schöbel
- IM "Martha" (4:23)
- Rock'n Roll im Stadtpark (3:24)
performed by Pankow
- Stell dich mitten in den Regen (5:17)
performed by Bayon
- Gesichter der Liebe (3:32)
- Georg Dreyman, der Dichter (1:28)
- Es gibt Momente
performed by Hansi Biebl
- Albatros (8:12)
performed by Karat
- Tausend Augen (4:32)
performed by Silly