INHALT

Rezension

"Sandalenepos à là Media Ventures"

Hans Zimmer:

Gladiator (2000) ****

Das Genre des Monumentalfilms war jahrzehntelang nahezu vergessen bis es vom Alien-Regisseur Ridley Scott in Gladiator mit großem kommerziellen Erfolg wiederbelebt wurde. Das im Stil des Actionkino der 90er Jahre inszenierte Epos rief bei den Kritikern allerdings gespaltene Reaktionen hervor. Die zum Teil harsche Kritik bemängelte nicht unbegründet eine geringe Historientreue und effekthascherische wie unnötig brutale Kampfszenen, die nur zu offensichtlich den Voyeurismus des Zuschauers bedienen. Die übertriebene Gewaltdarstellung vermittelt zudem nach Einschätzung der Historiker ein völlig falsches Bild der Gladiatorenkämpfe im alten Rom. Es war zum Beispiel üblich, daß Gladiatoren über mehrere Jahre hinweg für die Kämpfe angestellt waren und keineswegs wie im Film gezeigt, bei täglichen Schlachten verheizt wurden.

Jede Filmmusik für einen Sandalenfilm muß sich zweifellos an den von Miklós Rózsa und Alex North geschaffenen Klassikern der Kinosinfonik wie Ben Hur, Quo Vadis oder Spartacus messen lassen. Keine leichte Aufgabe für Hans Zimmer und seine Co-Komponistin Lisa Gerrard von der Popgruppe Dead can Dance. Beide sind dem direkten Vergleich konsequent aus dem Weg gegangen. Deshalb imitiert ihre Komposition auch nicht die großen Vorbilder, sondern schlägt einen völlig anderen Weg ein.

Da ein Großteil des Filmes in Marokko spielt, wählte Zimmer einen von arabischer Folklore beeinflußten Ansatz. Lisa Gerrard schuf eine Reihe orientalisch klingender Vokalstücke, die bisweilen entfernt an Loreena McKennitt erinnern. Sie setzt dabei ungewöhnliche Instrumente ein. So finden etwa ein Duduk, ein Blasinstrument aus dem Mittleren Osten, und ein Zither-ähnliches Instrument (welches Lisa Gerrard in einem Supermarkt in Hong Kong erwarb) Verwendung. Dadurch gelingt ein schöner ethnischer Lokalkolorit. Die Schlachtenszenen werden einmal mehr von Zimmer-typischem Klangbombast untermalt. Synthesizer werden hier nur dezent eingesetzt, aber die elektronische Herkunft des Stückes ist unverkennbar. Damit trägt die Musik dem modernen Inszenierungsstil des Filmes deutlich Rechnung.

Es ist gewöhnungsbedürftig, in einem Sandalenfilm elektronische Musik zu hören. Im Film weckt dieser Ansatz zum Teil falsche Assoziationen und wirkt etwas deplaziert.

Für die tragischen Momente dominiert allerdings das klassische Orchester. Deutliche Anleihen macht Zimmer dabei aber an Gustav Holst's Planeten ("Mars") und Wagner's Götterdämmerung (in "The Might of Rome"). Letzteres Zitat war eine durchaus bewußte Wahl, wie Zimmer in Interviews freimütig zugab.

Im Film wirkt die Gladiator-Musik insgesamt recht inhomogen. Es fehlt dem Komponistenteam die einheitliche musikalische Sprache, um das alte Rom überzeugend auferstehen zu lassen. Auf CD hingegen funktioniert die Musik viel besser und bietet ein unterhaltsames, in den Anteilen Lisa Gerrards sogar sehr klangschönes Höralbum.

Für Hans Zimmer war Gladiator ein voller Erfolg. Die CD schaffte den Einstieg in die deutschen CD-Charts (in der 20er Rängen) und genießt gerade unter jüngeren Filmmusikfans eine enorme Popularität. Von Größen wie Rózsa und North sind Hans Zimmer und Lisa Gerrard allerdings einige Klassen entfernt. (mr)

Decca 467 094-2
Dirigent: Gavin Greenaway
61:40 Min.

Filminfo:
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Russell Crowe, Joaquin Phoenix

Tracklist:

  1. Progeny (2:15)
  2. The Wheat (1:03)
  3. The Battle (10:02)
  4. Earth (3:02)
  5. Sorrow (1:26)
  6. To Zucchabar (3:16)
  7. Patricide (4:08)
  8. The Emperor is Dead (1:21)
  9. The Might of Rome (5:18)
  10. Strength and Honor (2:10)
  11. Reunion (1:14)
  12. Slaves to Rome (1:00)
  13. Barbarian Horde (10:33)
  14. Am I Not Merciful? (6:33)
  15. Elysium (2:41)
  16. Honor Him (1:20)
  17. Now We Are Free (4:14)

Hans Zimmer:

More Music from
Gladiator (2000) ***

(Ergänzungs-CD von 2001)

Der große kommerzielle Erfolg einer Filmmusik hat Plattenfirmen in den vergangenen Jahren immer wieder dazu bewegt, eine zweite Soundtrack-CD zu produzieren. So erhielten Romeo & Juliet (1996), Braveheart (1995) und Titanic (1997) eine weitere, nicht immer unbedingt notwendige Veröffentlichung.

Mit More Music from Gladiator gibt es nun auch eine zweite Ausgabe zu Ridley Scotts oscar-gekrönten Sandalenfilm. Diese bietet einen interessanten Einblick in den Entstehungsprozeß der Komposition von Lisa Gerrard & Hans Zimmer.

Enthalten sind nämlich ausschließlich Outtakes, Demos und alternative Versionen. Sie zeigen das Duo in ihren Versuchen, die richtige Stimmung und Akzentuierung für bestimmte Szenen des Filmes zu finden. Zum Beispiel war eine frühe Version von "Now we're free" im Ton zu optimistisch und zu sehr von afrikanischer Folklore beeinflußt. "Duduk from the North", in dem das titelgebende Duduk schöne Soli hat, wurde hingegen gar nicht erst im fertigen Film verwendet. Ein näheren Blick auf den Weg von der ersten Version bis zur fertigen Aufnahme erlaubt auch "The Gladiator Waltz", das hier als reine Synthesizer-Demo vorliegt.

Ein Schwerpunkt der More Music from Gladiator-CD liegt auf dem marokkanischen Lokalkolorit. In vielen kurzen, aber stimmungsvollen Stücken, gibt es Folkloristisches von Lisa Gerrard zu hören. Höhepunkte (und etwas länger) in dieser Hinsicht sind "Duduk from the North" und "Rome is the Light", beides schmerzlich vermißte Stücke auf dem Original-Soundtrack.

Im ausführlichem Booklet der CD erklärt und kommentiert Hans Zimmer die Entstehungsgeschichte der verschiedenen Stücke und gibt die ein oder andere interessante Hintergrundinformation preis.

Wie schon beim Hannibal-Soundtrack und den oben genannten zweiten Filmmusik-CD's kommt auch diese Kompilation nicht ohne die verhassten Dialoge aus. Obwohl sie nicht so störend wie bei der Schweigen der Lämmer-Fortsetzung sind, bleiben sie letztlich auch hier vollkommen überflüssig.

Insgesamt ist das Soundtrack-Sequel hauptsächlich Gladiator-Fans zu empfehlen. Für alle anderen dürfte die erste CD vermutlich vollkommen ausreichen. More Music from Gladiator bietet eine nette Ergänzung zum originalen Soundtrack - nicht mehr, aber auch nicht weniger. (mr)

Decca 013 192-2
Dirigent: Gavin Greenaway
55:37 Min.

Tracklist:

  1. Duduk of the North (5:35)
  2. Now we are Free (4:39)
    Juba's Mix
  3. The Protector of Rome (1:28)
    Featuring Russell Crowe & Richard Harris
  4. Homecoming (3:38)
    Featuring Joaquin Phoenix & Russell Crowe
  5. The General Who Became a Slave (3:05)
  6. The Slave Who Became a Gladiator (6:14)
    Featuring Oliver Reed & Russell Crowe
  7. Secrets (2:01)
  8. Rome is the Light (2:46)
  9. All That Remains (0:57)
  10. Maximus (1:11)
    Guitar by Heitor Pereira
  11. Marrakesh Market Place (0:44)
    Written by Jeff Rona
  12. The Gladiator Waltz (8:27)
    Original Synth Demo Version, Featuring Russell Crowe
  13. Figurines (1:04)
    Yan Ching by Lisa Gerrard
  14. The Mob (2:25)
  15. Busy Little Bee (3:50)
    Featuring Russell Crowe & Connie Nielson
  16. Death Smiles at Us All (2:32)
    Featuring Russell Crowe & Joaquin Phoenix
  17. Not Yet (1:33)
    Featuring Djimon Hounsou
  18. Now We Are Free (3:49)
    Maximus Mix