Die Karriere von Patrick Doyle ist untrennbar mit derjenigen des britischen Regisseurs Kenneth Branagh
verbunden. Die beiden haben sich bereits in den 80er Jahren über das Theater (die Royal Shakespeare Theatre Company in
London) kennen gelernt und die Freundschaft viele Jahre später auch über die Kino-Karriere Branaghs aufrechterhalten.
So komponierte Doyle für seinen Kumpanen die Musiken zu
Henry V (1989),
Schatten der Vergangenheit (1992),
Viel Lärm um Nichts (1993),
Frankenstein (1994),
Hamlet (1996),
Verlorene Liebesmüh’
(2000) und nun zur HBO-Produktion
Wie es Euch gefällt - As you like it. Auch diese, mittlerweile siebte,
Zusammenarbeit hat wieder einmal Früchte getragen: Branagh hat die Handlung der berühmten Shakespeare-Komödie
nach Japan verlegt und dabei behutsam modernisiert. Entsprechend ist auch Doyles ansonsten in gewohnt lyrisch-verspielter Handschrift
konzipierte Vertonung mit einer gehörigen Portion asiatischer Folklore gespickt. Diese Mischung wirkt zunächst
freilich ein wenig kurios: Auf der einen Seite stehen die schon aus den früheren Shakespeare-Vertonungen Doyles bekannte
Harmonien und Stilismen. Auf der anderen Seite findet sich der fast anachronistisch erscheinende Kontrast des asiatischen Kolorits,
welches Doyle mit entsprechender
Instrumentierung wie auch mancher folkloristisch angehauchten Harmonie behutsam in die Partitur integriert.
Was anfänglich vielleicht noch seltsam anmutet, wächst jedoch nach einigen Hördurchgängen, die man dieser Musik durchaus
zugestehen sollte, erstaunlich gut zusammen. Es sind aber vor allem die reizvollen Violinsoli innerhalb der ohnehin
feinsinnig gestalteten Instrumentierung, die As you like it zu einer besonders delikaten Filmkomposition machen. Das lyrische
Hauptthema (das erste Mal am Ende von Track 1 - "Kabuki Attack" kurz vorgestellt), das Doyle übrigens zur Basis
seines kürzlich uraufgeführten Violinkonzerts gemacht hat, ist ein wunderschöner melodischer Gedanke, der die elegante
Partitur trotz einer im Grunde einfachen Tonsprache trägt. Besonders attraktiv wird es in der fünfminütigen "Violin Romance"
am Ende der CD präsentiert - zweifellos ein Appetithappen für das Violinkonzert. Diese konzertanten, klassizistischen
Anteile verleihen der Komposition viel Eleganz. Wie schon bei seinen früheren Shakespeare-Vertonungen setzt Doyle
wieder Gesangsstücke ein: Zweimal singt er selber, gegen Ende vereint sich das Ensemble zum fröhlichen
Schlußchoral. Von diesen markanten Stücken, gelegentlichen
dramatischen Passagen und dezent archaischen Klängen (vor allem zu Beginn) abgesehen handelt es sich ansonsten aber
um eine überaus intim gehaltene Komposition. Über weiter Strecken überwiegen
die leisen wie zarten Klänge von Harfe, Streichern und Flöten. Schon allein deshalb erreicht die Musik auch
nicht den überbordenden Schwung und Pfiff der bislang vielleicht schönsten Shakespeare-Vertonung des Schotten
zu Viel Lärm um Nichts (1993). Durch die Fusion mit asiatischer Folklore und den zurückhaltenden Vertonungsansatz
verfügt sie aber über genügend eigene Reize, um dennoch zu gefallen. Hinzu kommt die gewohnt vorzügliche Einspielung
des London Symphony Orchestra, die das Ihrige zum Gelingen beiträgt. Und im großen filmmuskalischen Einerlei
dieser Tage ist eine derart stimmungsvolle und unprätentiöse Vertonung wie diese ohnehin eine wahre Wohltat. (mr)
Varèse Sarabande VSD-6830
London Symphony Orchestra
Dirigent: James Shearman
59:28 Min.
Filminfo
Regie: Kenneth Branagh
Darsteller: Bryce Dallas Howard, Kevin Kline
Tracklist:
- Kabuki Attack (6:48)
- Brothers Fight (2:19)
- Niece! (3:14)
- Too Late a Week (1:08)
- The Forest of Arden (4:13)
- Roynish Clown (2:37)
- Under the Greenwood Tree (2:36)
- Eat No More (2:05)
- Blow Blow (2:23)
- Thy Brother (3:58)
- Trip Audrey (1:25)
- Fake Wedding (2:35)
- Lion Attack (3:37)
- Celia and Oliver (1:46)
- I Love Aliena (2:05)
- Tomorrow (3:16)
- Weddings (5:16)
- A Lover and His Lass (2:51)
- Violin Romance (5:02)