Danny Elfman hat einen Lauf. Der 49jährige Komponist hat mit der Filmmusik
zu
Red Dragon nun schon für den dritten Blockbuster in Folge komponiert.
Die packende Musik zum Marvel-Comic
Spider-Man und sein
komödiantischer Genrecocktail für die Alien-Hatz
Men in Black II
brachten ihm 2002 bereits einige Lorbeeren ein. Dieser Trend setzt sich nun mit dem
neuen Hannibal Lecter-Thriller
Roter Drache - Red Dragon fort.
Der Stoff nach dem ersten "Kannibalen"-Roman von Thomas Harris wurde
schon einmal 1986 von Michael Mann verfilmt. Damals wurde Lecter noch - weniger charismatisch
als Hopkins - von Brian Cox verkörpert und für die blasse Synthie-Musik war Michel Rubini
zuständig. Trotz dieser Schwächen war
Manhunter ein durchweg solider, spannender
Thriller, der ein Remake nicht unbedingt nötig gehabt hätte.
Der große Erfolg von Das Schweigen der Lämmer (Musik: Howard Shore)
und dem Sequel Hannibal (Musik: Hans Zimmer) hat die
Produzenten jedoch zu einer Neuauflage mit Starbesetzung (Anthony Hopkins, Edward Norton,
Ralph Fiennes und Emily Watson) bewogen.
Das ertragreiche Einspielergebnis auch dieser Verfilmung dürfte weitere Fortsetzungen nach sich ziehen. Die
müssten dann aber ohne eine literarische Vorlage von Thomas Harris auskommen.
Denn mit Red Dragon wurde der letzte Hannibal Lecter-Roman verfilmt.
Ob die Faszination der Zuschauer am schrecklichen Psychopathen auch in Serie bewahrt werden
kann, bleibt allerdings abzuwarten.
Weniger als ein blasses Sequel, sondern als vielmehr bislang beste Vertonung der Reihe,
kommt Danny Elfmans Musik zu Red Dragon daher. Auch wenn der Batman-Komponist
Erfahrung mit den düster-absurden Filmen Tim Burtons hat: einem konsequenten Psychothriller
hatte er bis jetzt noch nicht seine musikalische Stimme verliehen.
Themengemäß ist Red Dragon eine sehr düstere, abgründige Filmmusik. Doch anders
als die atmosphärischen, sehr bildbezogenen Klänge Howard Shores im Schweigen der Lämmer
und die Stilkopien klassischer Vorbilder von Hans Zimmer in Hannibal,
überzeugt seine Arbeit auch losgelöst von der Leinwand.
Elfmans Handschrift ist unverkennbar. Wie schon
in den vorangegangenen Filmmusiken
präsentiert auch Red Dragon eine Synthese aus Sinfonieorchester mit Chor und raffiniert
eingearbeiteten elektronischen Klangstrukturen. Gewissermaßen ist die Musik sogar ein
fernes Echo von aus Spider-Man und Planet of the Apes
Gehörtem. Doch Elfman bleibt im Einsatz der Mittel merklich zurückhaltender.
Dramatische Ausbrüche des Orchesters wie in den tollen "Main Titles" mit
sich furios steigernden Streicherrhythmen sind rar gesät. Auch die Choreinsätze
werden durchweg subtil platziert.
Elfman arbeitet geschickt mit seinem Themenmaterial, das allerdings ohne ein
prägnantes, unmittelbar eingängiges Hauptthema auskommt.
Wie er im vorzüglichen CD-ROM-Feature
der Soundtrack-CD erwähnt, gibt es für den Bösewicht - dem roten Drachen -
gleich zwei Motive: eine kindlich anmutende Melodie, die die verstörte, naive Seite des
Psychopathen symbolisiert (meist verhalten vom Xylophon oder den Holzbläsern gespielt) und
ein aggressives, harsches Motiv, welches für seine Gewaltausbrüche steht.
Gerade das mehrmalige Hören überwindet den etwas sperrig-spröden
Eindruck, den die Musik anfangs auf viele machen wird. Den schwierigen
Einstieg einmal hinter sich gelassen, zeigt Red Dragon
wie modernes Suspense-Scoring, das den Traditionen zwar verbunden ist,
aber auch eigene Wege geht, aussehen kann. Insofern
lässt sich der Score durchaus mit Minority Report
von John Williams vergleichen - auch wenn letztere Musik noch ein Stückchen ausgefeilter
und abwechslungsreicher wirkt. Zwar ist Red Dragon weniger eingängig als
frühere Elfman-Musiken, deshalb aber keinesfalls grundsätzlich schlechter oder weniger
empfehlenswert. Im Gegenteil: Es handelt sich um überzeugende, richtig gute Filmmusik. (mr)