Es gibt Filmmusiken, die sich allen gängigen Bewertungsmassstäben durch ihre Andersartigkeit
entziehen. Solche Kompositionen zeigen, wie sehr der Blick der Filmmusik-Gemeinde der westlich
geprägten, und meistens nordamerikanischen Kinosinfonik verhaftet ist. Sie irritieren aber auch
gleichermaßen, weil sie so gar nicht in ein vorgefertigtes Schema passen.
Die Musik von Dagvan Ganpurev zum in der Mongolei spielenden Dokudrama Die Höhle des gelben Hundes
ist ein solcher Fall, der die gängigen Vorstellungen konterkariert. Offensichtlich macht es nur
wenig Sinn, einer einsam in der Steppe lebenden mongolischen Familie ein Sinfonieorchester oder gar
Klangsynthetik zur Seite zu stellen. Fernab der uns bekannten Zivilisation braucht ein derartiger
Stoff eine authentische folkloristische Vertonung, bestenfalls mit nur geringen Zugeständnissen, um es den
westlichen Zuschauern etwas leichter zu machen.
Diese kleinen Zugeständnisse, das sind bei Die Höhle des gelben Hundes vor allem
weibliche Gesänge, die an die Vokalanteile in den Musiken von Bruno Coulais (Himalya &
Nomaden der Lüfte) erinnern und zu den eingängigsten Passagen gehören.
Der kehlige Untertongesang des Komponisten höchstpersönlich dürfte von der westlichen Musiktradition
geprägte Ohren hingegen vor eine kleine Herausforderung stellen. Doch völlig sperrig ist die
Komposition deshalb noch lange nicht. Wer ein Faible für ethnisch geprägte Vertonungen besitzt, wird
sich auch in die mongolische Folklore schnell hineinhören. Und die atmosphärischen, leichten Klänge
des im Wesentlichen aus Pferdekopfgeigen, Harfen, Flöten und Hackbrett bestehenden Ensembles entfalten
mit ihrer einfachen, aber hübschen Melodik einigen Hörcharme.
So lohnt der musikalische Ausflug zu den Nomaden im Nord-Westen der Mongolei nicht nur für
entdeckungsreisende Hörer. Wer noch eine zusätzliche Empfehlung braucht: Die Musik von Dagvan
Ganpurev wurde erst kürzlich in der letzen Liste des laufenden Jahres mit dem Preis der Deutschen
Schallplattenkritik geehrt, eine Auszeichnung die ansonsten hauptsächlich Neueinspielungen
klassischer Kinomusiken zuteil wird. Das ausführliche, schön bebilderte Booklet rundet den positiven
Gesamteindruck ab. (mr)