Die vier Filmpartituren James Horners aus dem Jahr 2003 sich nach und nach
zur großen Enttäuschung zu entwickeln. Der blassen
Beyond Borders-Musik folgt nun die Vertonung des psychologischen Dramas
Haus aus Sand und Nebel mit Ben Kingsley und Jennifer Connelly in den Hauptrollen.
Im dreifach oscarnominierten Regiedebüt von Vadim Perelman geht es um eine junge Frau, die aufgrund
eines Behördenfehlers ihr Haus verliert und sich mit dem neuen
Käufer - einem Iraner (Kingsley), der nach dem Regimewechsel aus seiner Heimat fliehen musste - anlegt.
Man merkt es Horners Arbeit an: Sie soll unaufdringlich im Hintergrund bleiben, dezent
Szenen akzentuieren und den Bildern vor allem Atmosphäre verleihen, um den Film ja nicht
ins Melodramatische kippen zu lassen. Dementsprechend zurückhaltend gibt sich seine
Komposition: Er deckt die Handlung mit einem trübe-verhangenen Streicherteppich zu,
der von lustlosem Klavierspiel und dem gelegentlichen Einsatz
des brodelnd-wabernden Synthesizers bzw. rhythmischer Akzente aus der Perkussionsektion begleitet wird.
Damit ordnet sie sich der Vorlage völlig unter und wird zur statisch-starren Antwort auf die traurige Handlung
und die nebelverhüllten Kameraeinstellungen des titelgebenden Hauses.
Dieser Ansatz hat im Film seine Berechtigung, spiegelt sogar äußerst wirkungsvoll den tragischen
Verlauf der Geschichte. Allein von CD gehört wirkt die Musik jedoch schnell monoton.
Ein prägnanter motivischer Gedanke, ein erkennbares
thematisches Geflecht fehlen völlig. Dazu treten die einfallslose Orchestrierung mit den bei
Horner immer wiederkehrenden Manierismen sowie sein mangelndes Talent in punkto Klangwirkung.
Ohne die Bilder stellt sich die Musik damit ins Abseits einer monotonen, dürftig
gestalteten und letztlich banal-langweiligen Komposition.
Der eklatante Kontrast zwischen Funktionalität im Film und kompositorischer Eigenständigkeit ist selbst
für James Horner erstaunlich. Viele seiner Partituren der letzten Jahre wie Der Sturm (2000), A Beautiful Mind
oder Windtalkers (2002) waren zwar mittelmäßig, aber als nette Höralben
immerhin noch akzeptabel. Bei Haus aus Sand und Nebel kann davon leider keine Rede sein.
Im Gegenteil: Die Musik macht auf CD nur wenig Sinn, ist mit knapp 70 Minuten überrepräsentiert.
Sie dürfte selbst hartgesottene Fans nicht so recht zufriedenstellen. Überraschend und unverständlich mutet
daher die Entscheidung der Academy of Motion Picture Arts & Science an,
die Musik für den Oscar zu nominieren. Eine solche Wahl lässt sich wohl allein mit der überzeugenden
Bildwirkung der Vertonung begründen. (mr)
Varèse Sarabande VSD-6532
Hollywood Studio Symphony
Dirigent: James Horner
69:48 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Haus aus Sand und Nebel"
Regie: Vadim Perelman
Darsteller: Ben Kingsley, Jennifer Connelly
Tracklist:
- An Older Life (1:54)
- The Waves of the Caspian Sea (4:00)
- Old Photos, New Memories (3:23)
- "This is no longer your house" (3:34)
- Two People (3:49)
- Kathy's Night (2:18)
- Parallel Lives, Parallel Loves (5:22)
- Behrani's Thoughts - Long Ago (4:49)
- Break-In (2:34)
- The Dreams of Kings (6:58)
- The Shooting, A Payment for Our Sins (15:18)
- "We have travelled so far, it is time to return to our path" (9:05)
- A Return to the Caspian, and to the Iran of Old (6:37)