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Kolumne

Di., 21.5.2002: Filmkritiken im Vergleich

Krieg der Kritiker

Der Bewertungsmassstab für die Qualität von Filmen kann sich von Kritik zu Kritik schon mal ändern. So viel kann man zumindest lernen, wenn man dieser Tage den Pressespiegel der Rezensionen zu George Lucas Angriff der Klonkrieger querliest und mit älteren Rezensionen vergleicht.

In den Feuilletons der großen Zeitungen und Magazine hagelte es Verrisse. Ein ernstzunehmender Journalist kann es sich nämlich nicht erlauben, einen Mainstream-Film aus Hollywood gut zu finden. Erst recht nicht, wenn sich bereits andere Kritiker auf eben diesen Film eingeschossen haben. Nun mag Episode II wirklich ein schlechter Film sein und die Presse recht haben. Doch verdient eine andere Tatsache, als die Frage nach der tatsächlichen Qualität Beachtung:

Kommt ein Film nämlich aus Europa oder wurde mit Geldern aus Europa mitfinanziert, scheint es neuerdings offenbar einen Kritikerbonus zu geben. So geschehen zum Beispiel bei der Computerspieladaption Resident Evil, die von Bernd Eichinger produziert und zum Teil in Berlin gedreht wurde. Der Spiegel bescheinigte dem üblen Schocker "ein gut durchdachtes Handlungsgerüst" und beschreibt ihn als "spannenden Horrorthriller". Nun denn. (Von der populistischen Stimmungsmache gegen Gewaltvideos nach den Ereignisse von Erfurt im Zusammenhang mit dieser Filmkritik ganz zu schweigen.)

Ähnlich positiv war das allgemeine Pressecho zum kruden Genrecocktail Pakt der Wölfe". aus Frankreich. Ohne Zweifel konnte der Kostümthriller mit edler Ausstattung und exzellenter Kameraführung beeindrucken. Doch das Drehbuch und manch fragwürdiges Zugeständnis an den Zeitgeschmack ließen doch deutliche Schwächen erkennen.

Die filmische Qualität dieser genannten Filme ist sicher nicht besser als die der neuen Star Wars-Episode. Doch hatten sie das Glück, zum Teil aus Europa zu stammen.
Jede Wette: Als reine US-Produktion wäre Resident Evil in der Presse als zweitklassiger Horrorfilm untergegangen und Der Pakt der Wölfe in Grund und Boden gestampft worden. Natürlich ist das reine Spekulation. Doch Zweifel an einheitlichen Bewertungsmassstäben der Feuilletonisten sind durchaus angebracht. (mr)

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