Mit dem Liebesdrama
Angel hat der französische Starregisseur Francois Ozon erstmals
einen Kostümfilm inszeniert. Er erzählt in opulenten Bildern die Geschichte vom rasanten gesellschaftlichen Aufstieg und Fall
der ambitionierten jungen Schriftstellerin Angel Deverell (gespielt von Romola Garai) im England des beginnenden
20. Jahrhunderts. Zum fünften Male hat Ozon für die musikalische Begleitung auf die Dienste seines Landsmannes
Philippe Rombi zurückgegriffen. Dieser ist zuletzt vor allem mit seiner an Hans Zimmers
Der schmale Grat
anknüpfende und für den César nominierte Vertonung zum Kriegsdrama
Merry Christmas in Erscheinung getreten.
Konzeptueller Ausgangspunkt für seine neue Komposition waren allerdings zunächst - auf Vorgabe Ozons hin -
Frank Skinners Musiken zu den Technicolor-Melodramen von Douglas Sirk der 50er Jahre. Doch schnell stellte sich
heraus, dass dieser Ansatz nur bedingt funktionierte. Schließlich wurde Rombi angewiesen, sich von der Orchestrierung
inspirieren zu lassen und in seiner Musik sehr lyrische Momente zu wagen, um dem Zuschauer die Identifikation mit
der Hauptfigur zu erleichtern.
Im Resultat, eine elegant-schwelgerische Tonschöpfung, ist die Hommage an das Golden Age
allgegenwärtig. Nicht nur Skinner, sondern auch entsprechende Genremusiken Max Steiners sind spürbare Vorbilder.
Zugleich greift Rombi aber auch lyrisch-versponnene Kompositionen der jüngeren Vergangenheit auf:
Im majestätischen Hauptthema und mancher Harmonie fühlt man sich an Sieben Jahre in Tibet
von John Williams und zugleich Alexandre Desplats verwandte Musik zu Girl with a Pearl Earring erinnert.
Aber auch Elmer Bernsteins Far From Heaven (der Film wiederum eine Hommage an Douglas Sirk)
mag als Bezugspunkt dienen. Diese Ähnlichkeiten bilden leider auch die zentrale Schwäche einer ansonsten anmutigen
Komposition, die mit schönen Walzern, elegischen streicherseligen Melodien und einer feinsinnigen Orchestrierung
(delikate Soli der Holzbläser, von Violine, Cello, Harfe und Klavier) eine geradezu bezaubernde Wirkung entfaltet.
So hinterlässt Rombis einen zwiespältigen Eindruck. Wenngleich es beim Hören schwerfällt,
sich von den offenkundigen Vorbildern zu lösen und die Colosseum-CD mit knapp 70 Minuten Spielzeit auch einige
Redundanzen enthält, überwiegen am Ende die Hörqualitäten.
So gehört Angel trotz der gemachten Einschränkungen
schon jetzt zu den schönsten Höralben des Jahres. (mr)