Frank Abagnale war in den 60er Jahren ein gewiefter Trickbetrüger,
der mit verblüffender Raffinesse seine Umwelt narrte und so zeitweilig zu großen Reichtum
kam. Mit damals ungekannter Perfektion fälschte er Schecks, und
reiste sich als Pilot ausgebend, quer über den Globus. Später gelang es ihm sogar, als
Arzt und Jurist seine Mitmenschen zu täuschen. Doch selbst
nachdem er Ende der 60er Jahre vom FBI gefasst wurde, endete seine
abenteuerliche Werdegang nicht. Mit einem unerwarteten Karrieresprung
gelang es Abagnale, seine kriminelle Laufbahn hinter sich zu lassen.
Unter dem Titel
Catch me if you can hat niemand Geringeres als Steven Spielberg
sich der Verfilmung der Autobiographie Abagnales angenommen.
Er hat aus der ungewöhnlichen Lebensgeschichte des Trickbetrügers
eine unterhaltsame Zeitreise in die 60er Jahre gemacht, die ganz
nebenbei eine clevere Reflektion über Schein und Sein geworden ist.
Eine elegante Pilotenuniform reichte Abagnale aus, um die Mitmenschen
von seiner Integrität zu überzeugen und Frauen scharenweise für ihn schwärmen zu lassen.
Derart einfache Tricks und die Dreistigkeit mit der Abagnale
vorging, machen viel vom Witz von Catch me if you can aus. Leonardo
Di Caprio als Abagnale sowie Tom Hanks als sein sauertöpfischer Verfolger spielen
ihre Rollen großartig. Als Abagnales Vater brilliert Christopher Walken in
einer feinen Nebenrolle.
Die inzwischen oscarnominierte Musik von John Williams wurde oftmals mit seinen
von Easy Listening und Jazz geprägten Frühwerken der 60er Jahre und
den Filmmusiken Henry Mancinis (Frühstück bei Tiffany, Der rosarote Panther)
verglichen.
Doch beim eingehenden Hören zeigt sich, dass Catch me if you can den Williams-Arbeiten
der letzten Jahre deutlich näher steht. Die pfiffigen Spannungsmotive erinnern an
Minority Report (2002) und in den minimalistischen Einschüben lässt sich
eine Verwandtschaft zu A.I. - Artificial Intelligence (2001) ausmachen.
Die von Dan Higgins gespielten Saxophon-Soli bieten zwar progressiven Jazz,
wie er in den 50er und 60er Jahren üblich war, sind aber viel stärker in das
sinfonische Konzept integriert als es bei den frühen Williams-Kompositionen der Fall gewesen ist.
Die dezent zurückhaltenden Scherzi präsentieren den Altmeister dann wie
man ihn kennt in schönen Streicherpassagen mit lieblichen Einsätzen der Holzbläser.
Alles in allem glänzt das rund einstündige CD-Album als unterhaltsamer und gut
fließender Ausflug in die Sixties. Zum Zeitkolorit tragen vier charmante Evergreens
von damaligen Größen wie Frank Sinatra ("Come fly with me"),
Dusty Springfield ("The Look of Love") oder Nat King Cole ("The Christmas Song") bei.
Trotz aller Querbezüge ist Catch me if you can eine eigenständige
Filmmusik, die eine Weiterentwicklung des Komponisten selbst noch im Alter erkennen lässt.
John Williams hat 2002 mit vier hochwertigen wie vielfältigen Partituren bewiesen, dass er noch
längst nicht zum Alten Eisen gehört. Boten Star Wars - Episode II
und Harry Potter eher (aber nicht ausschließlich) traditionelle Williams-Sinfonik,
handelt es sich bei Minority Report und nun Catch me if you can um
erfreulich moderne und ambitionierte Filmmusiken. Es war zweifellos ein tolles, aber auch
arbeitsreiches Jahr für den Altmeister. Mit der mittlerweile zweiundvierzigsten Oscar-Nominierung
hat es nun einen würdigen Abschluss gefunden. (mr)