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Nicole Kidman als Ada |
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Mit dem Bürgerkiegsdrama
Cold Mountain begibt sich Regisseur Anthony Minghella auf die
Spuren seines oscarprämierten
Englischen Patienten von 1996. Erneut dient Geschichte als Hintergrund
für eine tragische Liebesgeschichte, die dieses Mal 1860 in den Bergen von North Carolina beginnt. Die Pfarrerstochter Ada (Nicole Kidman)
verliebt sich in den jungen Inman, der aber kurze Zeit später in den Krieg ziehen muss. Der von den Kriegsgräueln
der Schlacht um Petersburg bekehrte Soldat begeht Fahnenflucht und tritt den beschwerlichen Heimweg zu seiner
Geliebten an. Die ist in der Heimat verzweifelt damit beschäftigt, die eigene Farm nach dem Tod des Vaters
über Wasser zu halten. Rettung in der Not erhält sie durch die burschikose Ruby (in einer Glanzrolle: Renée Zellweger).
Das episodenhaft erzählte Drama leidet ein wenig unter seiner zum Teil etwas dick aufgetragenen Symbolik und mancher
geglätteten Geschichtsdarstellung, hat aber auch eindringliche und gut inszenierte Momente zu bieten. In vielen
kleinen Nebenhandlungen entwickelt sich ein stimmungsreiches und interessantes Panorama der Auswirkungen des Bürgerkriegs
auf den Menschen der damaligen Zeit. Von der eindrucksvoll inszenierten Schlacht zu Beginn und dem etwas vorhersehbaren Showdown abgesehen, ist Cold Mountain damit in
vielem ein ruhig fließender Film, der erfreulicherweise ohne überzogene Action und hohlen Pathos auskommt.
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Jude Law als Inman |
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Musikalisch schlägt die Produktion einen ungewöhnlichen Weg ein: An Stelle einer dramatischen Vertonung tritt
eine Mischung aus Bluegrass- und Folksongs, die nur in den ruhigen, romantischen Momenten des Filmes der
orchestralen Begleitung von Gabriel Yared weicht. Doch der Beitrag des libanesischen Komponisten bleibt unaufdringlich
hinter den Bildern, ein breit ausschwingendes Liebesthema im Sinne der Kinosinfonik des Golden Age sucht der Hörer
vergebens. Stattdessen erklingt eine lyrisch-klassizistische Untermalung, die von warmen Streicherwohlklang sowie
Klavier- und Harfenspiel geprägt ist. Das Liebesthema besitzt einen bittersüßen Charakter, der auf die lange Zeit
unerfüllte und letztlich tragisch endende Romanze zwischen Ada und Inman hindeutet.
Die verschiedenen Songs verleihen dem Film seinen folkigen Kolorit. Doch die Zusammenstellung des Produzenten T-Bone
Burnett, der bereits bei O Brother where art thou? für die Coen-Brüder eine ganz ähnliche Mixtur einsetzte,
erscheint zumindest problematisch. Burnett hat nicht nur eine Art Aufguss seines mit dem Grammy ausgezeichneten
Erfolgsalbums geschaffen, sondern die von ihm gewählten Songs werden auch viel zu modern interpretiert, erinnern
damit mehr an den derzeit sehr beliebten Folkpop, als an wirklich authentisches in die Zeit passendes Liedgut.
Der Einsatz zweier Gospels gibt weitere Rätsel auf: So erklingt einer deplaziert zur Schlacht von Petersburg, 1865.
Zwar bestand ein großer Teil der Truppen der Nordstaaten aus Schwarzen. Doch diese sind im Film praktisch nicht zu sehen
und spielen für die Handlung damit auch keine Rolle. Ein zweiter Gospel wird in Cold Mountain im Gottesdienst gesungen. Auch hier stellt sich die Frage, ob Gospelsongs damals
bereits fester Bestandteil der Liturgie der weißen Bevölkerung waren oder aber ein seltsamer Anachronismus vorliegt.
Zusätzlich hilft die Musik den Bildern nicht, wo diese es dringend bedurft hätten. Der Schlacht von Petersburg wird
so zum Beispiel viel ihrer möglichen Wirkung genommen. Aber auch manche Länge der Inszenierung fällt unangenehm auf.
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Die Schlacht von Petersburg |
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Der Score von Gabriel Yared bleibt auch abseits der Bilder hinter den Erwartungen zurück. Seine Melodien sind zwar
nett anzuhören und auch die Machart ist nicht wirklich schlecht, doch wirklich überzeugen kann sein Beitrag kaum.
Zu oft hat man bereits ähnliches vom ihm gehört, zuletzt in
Possession oder
Autumm in New York. Man könnte sogar fast so weit gehen, zu behaupten, dass es sich um
mehr oder weniger austauschbare Vertonungen handelte. Die Songs des CD-Album sind trotz mutmaßlich fehlender
Authentizität dann doch unterhaltsamer und prägnanter, also letztlich mitreißender. Besonders die schönen Balladen
von Alison Kraus und die mit rauem Charme vorgetragenen Folksongs wissen zu gefallen.
Cold Mountain hat seinen Wert am Ende hauptsächlich als hübsch kompiliertes Filmsouvenir. Der Score-Anteil von
Gabriel Yared ist mit knapp 16 Minuten gut bemessen und dürfte alle Höhepunkte seiner Musik umfassen. Mehr wird
hier kaum veröffentlichenswert sein. Warum die Academy die Musik Oscar-nominiert hat, bleibt wie schon im Falle von
The House of Sand and Fog schleierhaft. Die im Film eher blasse Musik von Yared
(im Bereich von 2 ½ Sternen einzuordnen) ist nämlich kaum der Rede wert. Sei es drum: Der gute Song-Anteil erlaubt
eine Aufwertung und macht die CD von Sony Classical durchaus empfehlenswert. (mr)
DMZ/Columbia/Sony Music Soundtrax COL 515119 2
Dirigent: Harry Rabinowitz
61:24 Min.
Filminfo:
Regie: Anthony Minghella
Darsteller: Nicole Kidman, Jude Law
Tracklist:
- Wayfaring Stranger (4:25)
performed by Jack White
- Like a Songbird That Has Fallen (3:13)
performed by Reeltime Travelers
- I Wish My Baby Was Born (3:09)
performed by Tim Eriksen, Riley Baugus & Tim O'Brien
- The Scarlet Tide (2:59)
performed by Alison Krauss
- The Cuckoo (1:39)
performed by Tim Eriksen & Riley Baugus
- Sittin' On Top of the World (3:48)
performed by Jack White
- Am I Born to Die? (2:32)
performed by Tim Eriksen
- You Will Be My Ain True Love (2:31)
performed by Alison Krauss
- I'm Going Home (2:18)
performed by the Sacred Harp Singers at Liberty Church
- Never Far Away (3:40)
performed by Jack White
- Christmas Time Will Soon Be Over (3:16)
performed by Jack White
- Ruby with the Eyes That Sparkle (3:11)
performed by Stuart Duncan & Dirk Powell
- Lady Margret (3:02)
performed by Cassie Franklin
- Great High Mountain (4:33)
performed by Jack White
Score:
- Anthem (3:24)
- Ada Plays (3:18)
- Ada and Inman (5:03)
- Love Theme (3:40)
- Idumea
performed by the Sacred Harp Singers at Liberty Church (3:18)