Im Idealfall kann die langjährige Zusammenarbeit zwischen einem Filmkomponisten und einem
Regisseur dazu führen, dass der Komponist von der
Verschiedenartigkeit der Projekte des Filmemachers profitiert und
für Genres engagiert wird, die abseits seiner typischen Pfade
liegen.
Ein aktuelles Beispiel hierfür bietet Mychael Danna: Der Kanadier war bislang hauptsächlich für
folkloristisch geprägte Musiken wie
Ararat (2003),
Green Dragon (2002)
oder
8mm (1999) bekannt. Auch bei den beiden gemeinsamen Filmen mit der indischen Regisseurin Mira Nair
(
Kama Sutra (1996) und
Monsoon Wedding (2001)) spielte exotische Klangkolorit eine entscheidende Rolle.
Mit der dritten Zusammenarbeit betreten beide nun Neuland: Das Kostümdrama
Vanity Fair reist nämlich zurück in das London des napoleonischen
Zeitalter am Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Romanverfilmung nach einer Satire von William
Makepeace Thackeray (Barry Lyndon) erzählt von einer jungen Waisen,
die die Männer der Londoner Gesellschaft reihenweise um ihren Finger wickelt
- mit dem Ziel, zu einem glamourösen Leben in Wohlstand und Luxus aufzusteigen.
Danna hatte für diesen Stoff erstmalig die Gelegenheit, einen Kostümfilm zu
vertonen (die Musik zu Vanity Fair wurde noch vor der zu Being Julia
aufgenommen). Geschickt fängt er das Kolorit der Epoche ein, stellt
lyrische Streichermelodien, Klavierstücke und elegante Kunstlieder
nebeneinander. Besonders die Lieder sind es, die der Musik ihren Stempel
aufdrücken. Sissel leitet mit dem hinreißenden "She walks in Beauty" in
Begleitung von Cello und Klavier die Aufnahme ein. Die für die Epoche etwas zu
modernen Harmonien sollen eine kleine Provokation der Hauptfigur Becky
darstellen und ihren frechen Geist unterstreichen . So wird das Liedthema
zum Thema für die Protagonistin und dementsprechend auch weiter motivisch
verarbeitet. Zwei andere - stärker der Zeit entsprechende - Lieder werden
von der Sopranistin Custer LaRue ähnlich reizvoll dargeboten.
Als Hauptthema dient eine beschwingte Melodie, die zumeist in den Holzbläsern
und Streichern erklingt und von Danna sehr geschickt variiert wird.
Die schöne Kombination der Lieder mit der sinfonischen Sprache im Stil
des 19. Jahrhunderts, die sich zuweilen an Beethoven und Mozart anlehnt, macht
auf CD eine prima Figur, ergibt ein besonders ansprechendes Höralbum.
Als kuriose, aber nette Ergänzung, sind zusätzlich drei unterhaltsame Bollywood-artige Songs - wohl
anachronistische Source-Stücke - vertreten. Einziges Ärgernis: Die lauten
Passagen sind an einigen, wenigen Stellen übersteuert - ein peinlicher Fehler
der Aufnahmetechnik. (mr)
Decca 986 3125
Philharmonia Orchestra
Dirigent: Nicholas Dodd
46:24 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Vanity Fair - Jahrmarkt der Eitelkeiten"
Regie: Mira Nair
Darsteller: Reese Witherspoon
Tracklist:
- She walks in beauty (2:01)
performed by Sissel
- Exchange (2:13)
- Becky and Amelia leave school (1:28)
- The great adventurer (2:05)
performed by Custer LaRue
- Becky arrives at Queen's Crawley (1:46)
- Andante (1:10)
- No lights after eleven (2:51)
- Adagio (1:37)
- I've made up my mind (0:29)
- Ride to London (2:05)
- Becky and Rawdon kiss (2:00)
- Sir Pitt's marriage proposal (1:41)
- I owe you nothing (1:17)
- Piano for Amelia / Announcement of battle (3:16)
- Time to quit Brussels (2:41)
- Waterloo battlefield (1:31)
- Amelis refuses Dobbin / The move to Mayfair (2:08)
- Now sleeps the crimson petal (2:48)
performed by Custer LaRue
- Steyne the Pasha (1:13)
- El Salaam (01:36)
performed by Hakim
- The virtue betrayed (0:39)
- Rawdon's end (0:50)
- Dobbin leaves Amelia (1:07)
- Vanity's conqueror (1:15)
- Gori re (4:26)
performed by Shankar Mahadevan & Richa Sharma