Das Italienische Label Fandango bleibt auch weiterhin aktiv in Sachen Filmmusik. Im zweiten
Teil des fandango-Specials (den ersten Teil finden Sie hier
hier) stellt Filmmusik 2000 fünf weitere CDs des bemühten Labels vor:
Pino Donaggio - La Terra (2006) **½
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Den Anfang macht das Familiendrama
La Terra von 2006 von Sergio Rubini.
Pino Donaggio (
Hercules) hat für den Film eine sehr spröde, unscheinbar wirkende Musik komponiert, die vom klassizistisch anmutenden Spiel der
Streicher beherrscht wird. Vor allem in der ersten Hälfte der Komposition gelingen dem Italiener einige ansprechend
orchestrierte Passagen, in denen Klavier und Holzbläser als Begleit- und Solostimmen reizvoll in Erscheinung treten,
wie z.B. im gelungenen "L’abbraccio". Doch im Verlauf verliert sich die Musik immer wieder
mit polterndem Schlagwerk und simplen Tremoli der Streicher in monotonen und schlicht gestalteten
Spannungspassagen, bei denen der Italiener ein ums andere Mal auch in Richtung seines Landsmannes
Ennio Morricone schielt. Vor allem thematisch bleibt die Musik aber ziemlich schwachbrüstig. So hinterlässt Donaggios
La Terra
trotz netter Momente einen etwas faden, unter dem Strich doch enttäuschenden Eindruck.
Paolo Buonvino - Caos Calmo (2008) **½
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Ein bisschen besser sieht es da schon bei
Caos Calmo von Paolo Buonvino aus. Die aggressiven Trommelrhythmen
des CD-Beginns täuschen: In der Vertonung zum intimen Drama, das auf der Berlinale 2008 Deutschlandpremiere feierte, arbeitet
der Italiener vor allem mit ambient-artigen Sound-Kollagen, über denen das Spiel des Orchesters (das Orchestra di Roma unter Leitung
des Komponisten) - vorwiegend zusammengesetzt aus Streichern - erklingt. Buonvino gelingt, trotz einem gewissen Hang zur Statik,
eine stimmungsvolle, oftmals kammermusikalisch intime Vertonung. In dessen Zentrum steht ein einfaches, aber durchaus
attraktives Klaviermotiv.
Aus dem konzertanten Gegenüber von Klavier und Cello bzw. Klavier und Akkordeon bezieht
die melancholische Komposition einige Hörreize. Ein Schwachpunkt ist jedoch die etwas gleichförmige
Gestaltung, die über 33 Minuten Spielzeit dann doch zu ermüden droht. Für Auflockerung sorgen
immerhin gelungene Songs von angesagten Bands wie Radiohead, Rufus Wainwright, Stars und Ivano Fossati,
die sich überraschend gut in den Musikfluss einfügen.
Nitin Sawhney - A Throw of Dice (2007) ***½
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Völlig aus der Reihe der hier vorgestellten fandango-CDs tanzt die neu komponierte Musik zu Franz Ostens Stummfilm
Schicksalswürfel - A throw of Dice - eine deutsch-indisch-britische Koproduktion aus dem Jahr 1929.
Die Vertonung wurde anlässlich einer aufwändigen Restauration des British Film Institute im Jahr 2006 in Auftrag
gegeben. Verantwortlich zeichnete Nitin Sawhney, gebürtiger Brite indischer Abstammung, der zuletzt bereits für
das Familiendrama
The Namesake von Mira Nair komponierte.
Offenbar stand ihm bei A Throw of Dice ein beachtliches Musikbudget zur Verfügung: Er konnte seine Musik nämlich immerhin mit dem
renommierten London Symphony Orchestra einspielen. Die Vertonung überrascht mit einem reizvollen,
zumindest für einen Stummfilm überraschenden Ansatz: Er kombiniert Sinfonik mit Indischer Folklore und scheut
auch nicht davor zurück, dezent an das Bollywood-Kino erinnernde Vokalanteile einzubinden.
Die Mischung stimmt: Mit überraschender Leichtfüßigkeit und viel Geschick verschmilzt
Nitin Sawhney die beiden musikalischen Welten: Ob der Brite mit Tablas, ethnischen Flöten
und dem Gesang von Davinder Singh, Tina Grace und Reena Bhardway ein stimmungsvolles Indisches Kolorit
erzeugt oder etwas stärker orchestral arbeitet: beide musikalische Ebenen fließen bruchlos ineinander.
Wer Mychael Dannas Vertonungen zu Water und Monsoon Wedding mag,
sollte auch hier ein Ohr riskieren. Nitin Sawhneys unterhaltsame Musik zu A Throw of Dice gehört zu den kleinen Geheimtipps
im fandango-Programm.
Alexander Balanescu - Il partigiano Johnny (2005) ***
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Die Musik von Alexander Balanescu, Ex-Mitglied der Mychael Nyman-Band, zum Kriegsdrama
Il partigiano Johnny
von 2005 fällt ebenfalls aus dem Rahmen der üblichen Filmmusiken aus Italien. Der Mentor Nyman und dessen Minimalismen
waren hörbares Vorbild der Vertonung des Rumänen, die in ihren kammermusikalischen Klassizismus mehr an ein Konzertwerk
denn an Filmmusik erinnert. Und das ist auch kein Wunder, denn wie Balanescu schreibt, hat er besonderen Wert
auf das CD-Album gelegt und dafür sogar zusätzliche Musik komponiert. Der Apfel fällt (wie schon bei Balanescus Vertonung
zu
Engel & Insekten) allerdings nicht weit vom Stamm: So bietet
Il partigiano Johnny
trotz merklicher Ambition im Grunde nur wenig Neues, das man nicht - mit etwas mehr Raffinesse -
bereits aus den Werken von Mychael Nyman oder Philip Glass kennen würde. Immerhin ist es beachtlich,
das sich Balanescu bewusst allen gegenwärtigen Filmmusik-Trends verweigert und mit einer lediglich aus Violine,
Bratsche und Cello bestehenden Besetzung eine sehr spröde, aber durchaus feine Filmmusik zaubert. Nur etwas mehr
stilistische Eigenständigkeit hätte es dann doch sein dürfen.
Caffé Fandango - Volume 2 (2007)
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Wer nun auf den Geschmack gekommen ist und sich für die aktuelle Italienische Filmmusik interessiert, aber
sich keine der einzelnen CDs zulegen möchte, dem sei die Kompilation
Caffé Fandango - Volume 2: Le colonne Sonore
ans Herz gelegt. Der rund siebzigminütige Sampler bietet eine gelungene und kurzweilige Zusammenstellung von einzelnen Stücken
aus den acht in den beiden Specials vorgestellten CDs, ergänzt um Material aus weiteren von fandango
veröffentlichten Musiken. (mr)