Das noch relativ junge Italienische Label Fandango hat es sich zur Aufgabe gesetzt, aktuelle Italienische
Filmmusik auf CD einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Grund genug, eine Auswahl der meist eher unbekannten
Komponisten mit ihren Musiken vorzustellen:
Giuseppe Napoli - Nemmeno il Destino (2004) *
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Das raue Drama
Nemmeno il Destino von 2004 um das Leben dreier Heranwachsender gehört zu den
neuen Vertretern eines jungen, unabhängigen Kinos in Italien. Vertont wurde der Film von Giuseppe Napoli,
der die Handlung mit einer kleinen, zeitgemäßen Instrumentierung begleitet. Neben elektronischen Klängen,
spielt ein kleines Ensemble bestehend aus Bass, Gitarre, Saxophon, Bläsern und Streichern. Napoli mischt
fetzige Rock- und Poprhythmen mit ruhigem Klavierspiel und sphärischen Ambient-Sounds. Hier und da treten Gitarre und
Blechbläser in Erscheinung. Doch mehr als ein atmosphärisches, allein filmdienliches Kolorit bringt der Komponist
nicht zustande. Zu deutlich merkt man ihm seine im Pop/Rock-Bereich liegenden Wurzeln und die zugleich fehlende klassische Musikausbildung an.
Unterm Strich daher eine ziemlich belanglose, entbehrliche Filmmusik.
Teho Teardo - L’amico di Famiglia (2006) **½
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Teho Teardos (
Lavorare con lentezza) Musik zum Liebesdrama
L’amico die Famiglia (2006)
kann sich da schon eher hören lassen. Der Italiener setzt auf elektronische Rhythmen und Klanglandschaften, über denen das
Spiel von Klavier, Gitarre und Streichern erklingt. Mitunter piepst und fiepst es aber derart aus den Lautsprechern, dass man als
Hörer geneigt
ist, eher an die versponne Musik der Isländerin Björk als an typische Kinosinfonik zu denken. Im Kontrast der eigentümlichen
elektronischen Rhythmen mit dem Spiel der Streicher gelingen Teardo zum Teil faszinierende Klangwirkungen. Doch das reicht kaum,
um die knapp einstündige CD überzeugend auszufüllen. Einige doch eher atmosphärische Klangflächen und ein grundsätzlicher
Mangel an Abwechslung sowie markanten Themen verwässern die viel versprechenden Ansätze. Eine interessante Musik abseits
der üblichen Mainstream-Pfade ist
L’amico di Famiglia aber durchaus.
Pasquale Catalano - La guerra di Mario (2006) ***
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Ich bin Mario - La guerra di Mario (2006) erzählt von einem 9jährigen Jungen, der seiner
leiblichen Familie entzogen und in eine Pflegefamilie gebracht wird. Die einfühlsame Musik zum Drama stammt von
Pasquale Catalono, der vor drei Jahren bereits mit seiner viel zu knapp auf CD präsentierten Arbeit zu
Le Conseguenze dell'amore (2004) zu gefallen wusste. Seine neue Musik ist dem
Thema angemessen intim gehalten, glänzt abseits des schönen Kinderchorals im Titelstück mit reizvollen
Klavieretüden. Doch wieder ist seine Vertonung auf CD nur kurz vertreten (vermutlich hat der Film auch nur wenig Musik).
Ein großer Anteil geht an Klavierstücke des norwegischen Komponisten Ketil Bjørnstad (geb. 1952) -
die einem Werk mit 20 Variationen über Johann Sebastian Bachs
Präludium und Fuge aus dem Jahr 2002 entstammen.
Catalano passt sich mit seiner Originalmusik diesem Stil an, so dass im Prinzip ein flüssiges Höralbum entsteht.
Leider gibt es zwei jazzige Stücke mit Filmdialogen und sind den letzten beiden Stücken der CD unsinnigerweise Verkehrs-
bzw. Windgeräusche unterlegt. So hinterlässt die an sich sympathisch unprätentiöse Musik durch die kuriose
CD-Präsentation unterm Strich doch leider einen durchwachsenen Gesamteindruck.
Nicola Tescari - Texas (2005) ***
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Möglicherweise die schönste Musik aus dem hier vorgestellten Fandango-Quartett ist die von Nicola Tescari zum
Beziehungsdrama
Texas (2005). In einer Mischung aus lyrischen Streichermelodien mit Holzbläserbegleitung und
ruhigen Klavierstücken entwickelt der Komponist eine zurückhaltende, einfühlsame Vertonung, die zudem über
ein schönes lyrisches Hauptthema verfügt.
Texas kommt im Vergleich zu den anderen Musiken einer
traditionellen Orchestermusik am nähesten und funktioniert deshalb auch am besten ohne Filmbezug. Leider
ist aber auch hier die editorische Aufbereitung komplett missglückt: Diverse eingestreute Rock- und Popstücke hindern den
Musikfluss empfindlich. Wer seinen CD-Player entsprechend programmiert, kommt aber in den Genuß einer ansprechenden,
entspannten Filmmusik. (mr)
(im zweiten Teil des fandango-Specials folgen u.a. Kritiken zu: La Terra (Pino Donaggio), A Throw of Dice (Nitin Sawhney),
Il partigiano Johnny (Alexander Balanescu) und dem Sampler Café fandango - Vol. 2).