Vor kurzem war Pierce Brosnan noch als Superagent 007 in
Stirb an einem anderen Tag
auf der Leinwand zu sehen. Das Publikum kennt ihn hauptsächlich als smarten Superhelden,
dem die Frauen zu Füßen liegen. Die Bandbreite des Iren ist jedoch ungleich größer. So agierte er in den
vergangenen Jahren zum Beispiel als raffinierter Betrüger in John Boormans
Schneider von Panama (2001)
oder im Liebesdrama
Ein Amerikanischer Neffe von 1998. Auch sein neuester Film
liegt weitab von Spionen und spektakulärer Action. In
Evelyn, dem neuen Drama von Bruce Beresford
(
Miss Daisy und ihr Chauffeur), spielt er einen Familienvater, der im Irland der 50er Jahre
um das Sorgerecht für seine Kinder kämpft.
Ungewöhnlich ist allerdings nicht nur die Rolle, sondern auch, dass Brosnan gleich zwei
irische Folklorelieder der Filmmusik selber singt Und das mit erstaunlichem Bravour.
In "On the Banks of the Roses" und "The Parting Glass" beweist der Mime überraschendes
Gesangstalent. Dazu kommen Van Morrisons Ballade "Sitting on Top of the World" sowie
Sissels (Vokalisen bei Titanic) rühriges Schlussstück "Angel Rays".
Die vier Songs sind eingebettet in eine stimmungsvolle keltisch-inspirierte
Filmmusik von Stephen Endelman (The Proposition). Der klassisch ausgebildete
Komponist hat bereits zwei Opern geschrieben und für das Broadway-Theater gearbeitet.
Seit Anfang der 90er Jahre liegt sein Fokus allerdings auf der Filmmusik, in der er mit
dem Drama The Proposition und der Komödie The Jawbreaker bereits erste Achtungserfolge
erzielen konnte.
Nicht unähnlich Jeff Dannas Uncorked wechseln in seiner Komposition
zu Evelyn Streicherwohlklang (mit Begleitung von Holzbläsern, Gitarre sowie Fiedel), traditionelle Folklore ("The Nuns")
und atmosphärische Minimalismen einander ab. Wie bei Uncorked handelt es sich
auch hier um reizvolle, gut fließende Filmmusik, die allerdings eher einfacher Bauart ist. Diese
dürfte jedoch in beiden Fällen der filmischen Vorlage optimal entsprechen.
Stephen Endelmans sympathische Komposition ist vor allem unprätentiöse
Kinosinfonik, die auch abseits des Filmes prima funktioniert. Die gut editierte
Veröffentlichung von Decca ist deshalb nicht nur Freunden irischer Folklore als feines
CD-Album zu empfehlen. (mr)