Wer in den vergangenen Jahren einen Blick auf die Qualitäten der amerikanischen
Fernsehmusiken geworfen hat, musste sich oftmals verwundert die Augen reiben. Denn was
einige Komponisten für aufwändig produzierte Miniserien und TV-Filme schufen, brauchte
sich vor der Konkurrenz auf der großen Leinwand keinesfalls zu verstecken. Zu den
wichtigsten Namen in diesem Feld gehören zweifellos Richard Hartley und Richard Harvey,
die mit Arbeiten wie
Don Quixote (2000),
Arabian Nights (2000)
oder zuletzt
Lion in Winter (2004) überzeugen konnten.
Der ambitionierteste Tonsetzer der letzten Jahre im Fernsehbereich war aber wohl der
Australier Christopher Gordon, der mit den exzellenten Musiken für die
Hallmark-Produktionen
Moby Dick und
On the Beach (2000) glänzte.
2003 gelang ihm mit Peter Weirs
Master & Commander das Kinodebüt. Ein Jahr später
arbeitete er allerdings wieder für eine Miniserie: die Neuverfilmung von Stephen Kings Roman
Brennen muss Salem - Salem’s Lot.
Christopher Gordon scheint sich seine Projekte sehr sorgfältig auszuwählen: In fünf Jahren
schrieb er gerade einmal ebenso viele Musiken. Dieser Umstand kommt auch der düsteren
Vertonung des Horrorreißers Salem’s Lot zu gute, die er deutlich subtiler und präziser
gestaltet als man es bei vergleichbaren Kinostoffen dieser Tage gewohnt ist. Wo viele
Horrormusiken von einem schrillen Crescendo des Orchesters zum nächsten eilen, setzt Gordon
in Salem’s Lot auf eine größere Ausgewogenheit zwischen dissonanten Schockeffekten,
düster-romantisch geprägten Klavier- und Streicherstücken sowie nuancierter
Spannungsuntermalung. Auch der Chor wird von Gordon zum wohldosierten Stilmittel, der -
mehrstimmig eingesetzt - vom mysteriösen Flüstern und Raunen bis hin zu sakralen Gesängen
eine Vielzahl von Stimmungen auslotet. Als lyrisch-melancholischer Gegenpol fungiert ein
romantisches Klavierthema ("Jerusalem’s Lot"), welches zwar zunächst einfach erscheinen mag,
beim eingehenden Hören aber in seinen vielfältigen Variationen einige Reize entfaltet.
Eine besondere Note erfährt die Komposition durch die Beteiligung von Lisa Gerrard, die nicht
nur einige Vokalanteile bestreitet, sondern bei fünf Stücken auch an der Komposition
beteiligt war. Die stimmungsvolle Arie ("Salem’s Lot Aria"), die die Dead can Dance-Sängerin
zusammen mit Patrick Cassidy verfasste, gehört als Einleitung zu den Höhepunkten der
Komposition. Lisa Gerrard entfernt sich in ihrem Beitrag (der ansonsten zusammen mit
Christopher Gordon entstand) recht weit von den eigenen Wurzeln und ordnet sich erstaunlich
gut der stilistischen Konzeption Gordons unter, so dass man ihre Anteile keinesfalls als
Fremdkörper bezeichnen kann.
Hinter dem Cover der Varèse Sarabande-CD, das zunächst an eine übliche Zusammenstellung von
Pop-Songs denken lässt, verbirgt sich also erneut eine starke Arbeit von Christopher Gordon.
Zwar erreicht die Tonsprache des Australiers dieses Mal nicht ganz die Vielfalt und
Ausdrucksstärke von Moby Dick und On the Beach. Doch
das tut der Qualität keinen Abbruch, denn die vollständig sinfonische Filmmusik zu Salem’s Lot
bewegt sich auf einem Niveau, das sie auch so zu den besten des Jahrgangs 2004 zählen lässt. (mr)
Varèse Sarabande VSD-6586
Pro Musica Sidney
Dirigent: Christopher Gordon
63:26 Min.
Filminfo:
Regie: Mikael Salomon
Darsteller: Rob Lowe, Donald Sutherland
Tracklist:
- Salem's Lot Aria (6:25)
- Thanksgiving (3:19)
- Jerusalem's Lot (2:48)
- In the Woods (2:25)
- Straker (2:49)
- Dud and Barlow (2:58)
- Eva's Story (3:54)
- Mike Ryerson (8:28)
- Bloody Pirates (3:04)
- Mark's Escape (3:11)
- Approaching the Mansion (2:31)
- In the Cellar (4:34)
- Converting the Priest (5:31)
- Barlow (2:31)
- Mutans evae nomen / The Mansion Burns (4:03)
- Free in Spirit (2:25)
- Salem's Lot Theme (2:10)