Die Nachricht schlug Mitte Oktober ein wie eine Bombe: Angeblich wegen kreativer
Differenzen trennte sich Peter Jackson bei seinem
King Kong-Remake von dem in den
drei
Herr der Ringe-Filmen noch so erfolgreichen und mit zwei Oscars gekrönten Howard Shore.
Dieser hatte bereits rund 70 Minuten seiner neuen Partitur in Australien eingespielt, die nun komplett
verworfen wurden - und das nur 6 Wochen vor dem weltweiten Kinostart Anfang Dezember 2005.
Mit der Aufsehen erregenden Pressemitteilung gab Jackson auch gleich schon den Nachfolger bekannt.
James Newton Howard sollte die Herausforderung annehmen, in den verbleibenden Wochen über zweieinhalb
Stunden Musik für Jacksons Affen-Spektakel zu schreiben und einzuspielen.
Mit einer Berufserfahrung von 20 Jahren auf dem Buckel und dank dem Können des versiertern
Handwerkers konnte Howard das Mammutprojekt termingerecht stemmen. Zur Seite standen ihm
zahlreiche Orchestratoren und Helferlein, die dafür sorgten, dass zwischen dem Schreiben eines
Stückes und der Aufnahme oftmals weniger als 24 Stunden lagen. Ein straffer, knallharter Zeitplan
also, an den sich Howard und sein Team zu halten hatten. Ein Zeitplan, der keine Pausen oder
Raum für das Schöpfen neuer Inspiration gestattete. Zwar hat Howard behauptet, er glaube nicht,
dass die Musik mit mehr zur Verfügung stehender Zeit besser geworden wäre. Doch das Resultat spricht
- zumindest von CD gehört - eine andere Sprache.
Immerhin trägt King Kong unverkennbar die
Handschrift des Komponisten. Alles ist da: die schöne Streichermelodik, Ostinati von Streichern
und Schlagwerk sowie die charakteristischen Bläsereinsätze in den Actionsequenzen. Die üppig
besetzte Abenteuersinfonik weckt sogar Erinnerungen an Wyatt Earp, Dinosaur
und Hidalgo. Doch Howard geht derart schablonenhaft und standardisiert
mit seinem "Werkzeugkasten" um, dass dies nur dem großen Zeitdruck geschuldet sein kann.
Dabei gibt es zum Teil recht gute Ansätze, etwa die hübsch integrierten Swing- und
Jazzelemente ("Defeat is always momentary", "The Venture Departs") für die New York-Szenen oder
die klangschöne Untermalung der Liebe des Riesenaffen zur schönen Ann ("Beautiful", "Central Park").
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Die abgedroschenen Vokalanteile, in denen
Chor und Knabensopran in bester Herr der Ringe-Tradition singen oder die schlichte, rein
funktionale Rhythmik mancher Actionpassage fallen unangenehm auf.
Auch das Themenmaterial verfehlt den großen epischen Atem, den Kintopp, den Jackson mit seinem
Remake eigentlich anstrebt. Zwar hat King Kong ein düsteres Motiv bekommen, das ordentlich verarbeitet und
variiert wird. Auch das hübsche Liebesthema scheint gelegentlich recht nett auf. Doch
bleiben diese motivisch-thematischen Akzente viel zu unscheinbar, um die Musik abseits der Bilder
überzeugend zu tragen. Das gilt auch für den Gesamteindruck der Komposition, der es über handwerkliche
Routine und eine Handvoll netter Momente hinaus an schillernden Klangwirkungen, packender Dramatik
und Subtilität mangelt. Das mag im Film funktioneren. Ohne Bildbezug gelingt es der Musik
jedoch nur ansatzweise, die Faszination des King Kong-Abenteuers einzufangen. (mr)
Decca 476 5224
Hollywood Studio Symphony & Hollywood Film Chorale
Dirigenten: Pete Anthony, Mike Nowak & Bruce Babcock
74:40 Min.
Filminfo:
Darsteller: Adrien Brody, Naomi Watts
Regie: Peter Jackson
Tracklist:
- King Kong (1:09)
- A Fateful Meeting (4:16)
- Defeat is Always Momentary (2:48)
- It's in the Subtext (3:19)
- Two Grand (2:34)
- The Venture Departs (4:03)
- Last Blank Space on the Map (4:43)
- It's Deserted (7:08)
- Something Monstrous... Neither Beast Nor Man (2:38)
- Head Towards the Animals (2:48)
- Beautiful (4:08)
- Tooth and Claw (6:17)
- That's All There Is... (3:26)
- Captured (2:25)
- Central Park (4:36)
- The Empire State Building (2:36)
- Beauty Killed the Beast I (1:59)
- Beauty Killed the Beast II (2:22)
- Beauty Killed the Beast III (2:14)
- Beauty Killed the Beast IV (4:45)
- Beauty Killed the Beast V (4:13)