Die vielleicht sympathischsten Filmhelden des Kinojahres 2005 bestehen aus
Knetmasse: Wallace & Gromit haben mit der augenzwinkernden Jagd auf das Were-Kaninchen
erfolgreich den Sprung auf die große Leinwand geschafft und dabei den verschrobenen britischen
Humor der Kurzfilme beibehalten. Die liebevolle, detailverliebte Produktion von
Nick Park wurde dann auch völlig zurecht im März 2006 mit dem Oscar für den besten animierten
Film des Jahres belohnt.
Musikalisch war wie schon bei den Kurzfilmen Julian Nott verantwortlich. Allerdings wurden ihm
aus Amerika eine ganze Riege an Co-Komponisten zur Seite gestellt: Mit Rupert Gregson-Williams,
James Michael Dooley, Lorne Balfe und Alistair King durften gleich vier Media Ventures-Mannen mit
Hand anlegen. Die Produktion übernahm der Chef, Hans Zimmer, höchstpersönlich.
Das Resultat wirkt überaus homogen, vermengt erfreulicherweise die Charakteriska der Kurzfilmmusiken
mit den Standards der animierten Abenteuer der letzten Jahre (z.B. Shrek,
Chicken Run oder Robots). Der bekannte
Wallace & Gromit-Marsch von Julian Nott ist anders als bei den Kurzfilmen nicht nur im
Vor- und Abspann zu hören, durchzieht hingegen als roter Faden die neue Partitur. Liebevoll
wird das Hauptthema ausgehend vom bekannten Blaskapellen-Arrangement der TV-Episoden variiert
und sinfonisch verarbeitet. Auf diese Weise stellen Nott & Co. immer wieder geschickt die Verbindung zu
den Britischen Ursprüngen der Knetfiguren her.
Die liebevolle Mischung aus turbulentem Mickey Mousing, rasanten Actionstücken und pfiffigen
Anleihen an klassische Vorbilder (hier z.B. Edward Elgar im heroischen "Bless you. Anti-Pesto")
ist inzwischen ein guter Standard aus dem Hause Media Ventures geworden. Darin liegt aber
Stärke und Schwäche der neuen Wallace & Gromit-Musik zugleich: Die musikalische Formel
funktioniert zwar abermals. Sie ist jedoch nicht frei von Abnutzungserscheinungen. Klar machen
die irrwitzigen Variationen des Hauptthemas (bis hin zum Jazz-Arrangement), die barocken Einschübe
durch das Cembalo und die augenzwinkernden Orchesterscherzi sowie die voluminöse
Herr der Ringe-Theatralik der wortlosen Chorgesänge im letzten
Drittel Spaß. Auch die auf Trickfilmmaße zurechtgestutzten Referenzen an sattsam bekannte
Horrorfilmklischees (mit Verwendung des Theremins) sind charmant eingebunden.
Insofern ist Wallace & Gromit sicher alles andere als eine musikalische Enttäuschung.
Nur: Der letzte Funke mag dieses Mal nicht ganz überspringen. Dies liegt nicht nur an den
Ähnlichkeiten zu den bekannten Trickfilmvertonungen, sondern vielleicht auch daran, dass
trotz hübscher melodischer Einfälle ein zentrales neues Thema fehlt. Das liegt natürlich primär in
der Natur der Sache, die den pfiffigen Wallace & Gromit-Marsch allein schon für den
Wiedererkennungswert braucht. Aber sei es drum. Wer die genannten Vorbilder mag, wird auch an
der Musik von Nott, Dooley, Gregson-Williams & Co. viel Freude haben. (mr)
Varèse Sarabande VSD-6686
Dirigent: Gavin Greenaway
48:11 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Wallace & Gromit und die Jagd nach dem Riesenkaninchen"
Regie: Steve Box & Nick Park
Tracklist:
- A Grand Day Out (1:54)
- Anti-Pesto to the Rescue (3:18)
- Bless You, Anti-Pesto (1:56)
- Lady Tottington & Victor (2:03)
- Fire Up The Bun-Vac (1:47)
- Your Ladyship (1:07)
- Brainwash & Go (2:28)
- Harvest Offering (2:30)
- Arson Around (2:23)
- A Big Trap (3:27)
- The Morning After (1:44)
- Transformation (4:05)
- Ravaged In The Night (1:45)
- Fluffy Lover Boy (4:36)
- Kiss My Arrrtichoke (4:31)
- Dogfight (3:39)
- Every Dog Has His Day (2:43)
- All Things Fluffy (1:07)
- Wallace & Gromit (1:08)