Am 18. Mai 2006 hatte alle Geheimniskrämerei und Wichtigtuerei ein Ende.
Die Verfilmung des Dan Brown-Bestsellers
Sakrileg hatte unter dem Titel
The Da Vinci Code Weltpremiere. Vom Werbehype zurecht genervt und durch
den weitgehenden Verzicht auf Pressevorführungen verärgert stampften Kritiker
Ron Howards starbesetzte Adaption allerdings in Grund und Boden, ließen kaum ein
gutes Haar am Mistery-Thriller mit Tom Hanks und Amelie-Star Audrey Toutou.
Womöglich schossen sie dabei weit über das Ziel hinaus. Denn wenn
man sich den Thriller unberührt von allem Wirbel ansieht, bleibt immerhin
eine spannende, ordentlich inszenierte Kino-Unterhaltung übrig. Zwar ist der
Da Vinci-Code tatsächlich weder filmisch inspiriert noch sonderlich originell,
überzeugt aber zumindest mit einer atmosphärisch dichten Erzählung, manchem
liebevollen Detail und guten Darstellerleistungen. Mit großem Groll muss man dem Film
deshalb nicht begegnen. Das Publikum sah das ähnlich und löste trotz der Kritikerschelte in Scharen
Tickets an den Kinokassen.
Nicht unbeträchtlichen Anteil an der Wirkung des Filmes hat die Musik von
Hans Zimmer, der wenig überraschend seine übliche Klangsprache um sakrale
Chorgesänge und Vokalisen erweitert hat. Um dieses Neuland beschreiten zu können,
griff er auf die Hilfe des in Sachen Kirchenliturgie bewanderten Richard Harvey
(vgl. CD-Kritik zu Luther) zurück.
Der Mix aus Klangsynthetik, Chorälen und Sinfonik ist Zimmer dabei
recht ansprechend und effektvoll gelungen. Nach zuletzt thematisch eher blassen Arbeiten
wartet er hier mit attraktiven melodischen Einfällen auf, deren Aufscheinen
die Musik ihre besten Momente verdankt: Die beiden wichtigsten werden gleich
im ersten Stück eingeführt: Ein lyrisches Klavierthema für die "Rose von Arimathea"
und das hymnenartige Hauptthema - ein typisches Media Ventures-Produkt - das
schließlich im Finale am Louvre ("CheValiers de Sangreal") im besonders
prachtvollen Gewand erklingt. Choräle und Vokalisen, aber auch
Instrumentsoli von Cello (mal wieder Martin Tillmann) und elektrischer
Violine sorgen für weitere gelungene thematische Akzente.
Doch der Da Vinci-Code ist bei allen kirchlichen Verschwörungstheorien
zuallererst ein Thriller. Daher bleibt das Sakrale über weite Strecken mehr
schmückendes Kolorit denn sorgfältig integrierter Bestandteil. Dies macht
sich immer dann besonders unangenehm bemerkbar, wenn wummernde Bässe und Media
Ventures-übliche Rhythmik als Fundament der Gesangsstücke dienen. Gerade
dieser Pseudo-Klassizismus ist es jedoch, der die Musik oftmals auch prätentiös
erscheinen lässt. Ein Umstand der dem Film nicht immer zu Gute kommt,
da ihm mehr kompositorische Integrität eine größere Bodenständigkeit verliehen
hätte. Die stärker klassizistische und allein von Richard Harvey komponierte
"Kyrie for the Magdalene" zeigt mit ihrem Verzicht auf jegliche Synthetik
die ausgelassenen Möglichkeiten der Komposition auf.
Zimmer hat mitunter so seine Mühen, Spannungsuntermalungen, Choräle und
Streichermelodik unter einen Hut zu kriegen. Auch wenn das Hauptthema ansprechend
verarbeitet wird, wirken die einzelnen Teile vielfach mehr aneinandergereiht
denn fließend auskomponiert. Ein kleines Kuriosum am Rande
ist dabei das Bonusstück "Salvete Virgnes", dass einen stakkato-artigen Chorgesang
im Stile Enyas präsentiert, thematisch aber völlig losgelöst vom Rest der Musik
erscheint. Hinderlich für einen gänzlich überzeugenden
Gesamteindruck ist auch die Nähe zu anderen Musiken: Zimmers eigene Arbeiten von The Pledge über Batman Begins,
Hannibal bis hin zu King Arthur standen hörbar Pate. Die Choräle
lehnen sich zudem stark an Kingdom of Heaven
von Harry Gregson-Williams aus dem Vorjahr an. So ist der Da Vinci-Code
keine filmmusikalische Offenbarung. Dafür mangelt es einfach an frischen Ideen
und einer kompositorischen Weiterentwicklung Zimmers. Dem Unterhaltungswert
der CD tut dies aber keinen Abbruch. Hier kann die Musik durchaus punkten - vorausgesetzt
man findet an der Idee "Media Ventures trifft Kirchenmusik" Gefallen. (mr)