Klaus Badelt & Hans Zimmer:
Pirates of the Caribbean - The Curse of the Black Pearl (2003) **
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Vor drei Jahren trennten Kritiker und Fans in der Filmmusik-Szene wieder einmal Welten.
Stein des Anstoßes war die Filmmusik zum
Fluch der Karibik vom Newcomer Klaus Badelt, die unter der Fuchtel von
Media Ventures-Guru Hans Zimmer in gerade einmal 16 Tagen entstanden war. Badelt und Kollegen lösten
praktisch in allerletzter Sekunde
Alan Silvestri ab, dessen orchestrale Vertonung vor dem
Auge des Produzenten Jerry Bruckheimer keine Gnade gefunden hatte. Der Piraten-Klamauk mit Johnny Depp und
Keira Knightley in den Hauptrollen bekam auf diese Weise ein typisches Meda Ventures-Produkt als anachronistische
Begleitung verpasst. Während dies bei Freunden traditioneller Kinosinfonik zwangsläufig sauer aufstieß, ging
die Rechnung für das Disney-Studio voll auf: Der Film wurde zum Kassenknüller, die CD verkaufte sich prächtig
und der Jubel unter Zimmer-Fans kannte kaum Grenzen. Diesem Erfolg konnte auch das überwiegend harsche Kritiker-Urteil, welches
die grobschlächtige Machart und die für ein Piratenabenteuer deplazierte Synthie-Rhythmik bemängelte, wenig anhaben.
Fataler noch: Das Prinzip des in allerletzter Sekunde geschassten Komponisten gehört inzwischen zum immer häufiger
werdenden Hollywood-Alltag, von dem insbesondere Howard Shore (gefeuert bei
King Kong)
und Gabriel Yared (abgelehnte Vertonung bei
Troja) ein Lied singen können.
Doch zurück zu den überkandidelten Piraten: Gewiss: Badelts Fluch der Karibik besitzt ein mitsummbares
Hauptthema (das über Nacht von Hans Zimmer in seinem typischen Idiom komponiert wurde) mit Ohrwurmgarantie sowie
einen gar nicht so fehlplazierten Piraten-Jig, der lebhaft auf der Solovioline erklingt. Und auch das moderne Klanggewand
macht insofern Sinn, dass hier offenbar der klassische Piratenfilm einer jungen Generation von Kinogängern schmackhaft
gemacht werden sollte - Renny Harlins fürchterlich geflopptes Piratenbraut-Spektakel als abschreckendes
Beispiel mahnend vor Augen. Entscheidender Garant für den Erfolg der verfluchten Piraten ist daher in erster Linie die
Ästhetik des gegenwärtigen Unterhaltungskinos, die ein mit MTV aufgewachsenes Publikum anvisiert.
Dazu gehören Computertricks, zeitgemäße Schnittfolgen, beliebte Darsteller ebenso wie eine voll im Zeitgeschmack liegende
Filmmusik. Und die hat Klaus Badelt mit seinen zahlreichen Helferlein wahrlich abgeliefert - überproduziert von Hans Zimmer -
wie es im Kleingedruckten des Begleithefts selbstironisch, aber durchaus zutreffend heißt. So ist der Fluch der Karibik
ein typisches Media Ventures-Produkt (eine wilde Mischung aus Synthetischem und Orchestralem) mit bestensfalls notdürftigen
Referenzen an das eigentliche Piraten-Genre. Mit der traditionellen Swashbuckler-Sinfonik à là Erich Wolfgang Korngold
(The Sea Hawk etc.) hat das nur noch sehr wenig zu tun.
Badelts Vertonung wird von den beiden bereits genannten Hauptthemen getragen.
In den Momenten, in denen er sie zitiert, verfügt die Musik über einen kaum zu leugnenden Unterhaltungswert,
der durch die Erinnerung an den Kinobesuch sicher noch gesteigert wird. Doch jenseits dieser Titelstücke wird es
schnell krawallig: Stampfende Ostinati und der übliche Synthie-Pop der Zimmerschen Action-Kost treiben die Musik ohne
motivischen Bezug voran, wobei sich mitunter sogar eine Nähe zu Techno und Heavy Metal attestieren lässt. Stilistische
Vielfalt und Detailarbeit (natürlich auch eine Folge des hohen Zeitdrucks) sucht man in dieser Vertonung
ebenso vergeblich wie eine gescheite Variationsarbeit. Badelts (bzw. Zimmers) Vertonung vertraut ganz auf die oberflächliche
Überwältigungskraft der krachenden Synthie-Bässe. Kein Wunder also, dass anspruchsvolle Hörer hier nicht glücklich
werden. So goutiert man Badelts Fluch der Karibik am besten als laute poppige "Spaßmusik" oder gar nicht.
Es gilt eben einmal mehr: Was die einen Hörer in die Flucht treibt, regt die anderen erst an, den Lautstärkeregler höher zu drehen.
So weit können die Welten auseinander liegen.
Hans Zimmer:
Pirates of the Caribbean - Dead Man's Chest (2006) ***
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Jeder große Kino-Blockbuster zieht zwangsläufig Fortsetzungen nach sich. Und so wurde das Disney-Piratenspektakel
nach dem überwältigenden Erfolg des ersten Films gleich zur Trilogie ausgeweitet. Die Teile 2 und 3 entstanden dabei
wie schon Peter Jacksons
Herr der Ringe komplett in einem Rutsch. Und dieses Mal war
Hans Zimmer auch gleich von Anfang an als Komponist vorgesehen. Eine kluge Entscheidung. Denn man merkt seiner Musik zu
Dead Man’s Chest
deutlich an, dass ihm und seinem Team an Orchestratoren und zusätzlichen Schreiberleinen mehr Zeit zur Verfügung stand.
Die zweite Musik bleibt dem ungeachtet dem ästhetischen Erfolgsrezept der ersten treu. Entsprechend erklingt wieder
ein Gemisch aus orchestralem Bombast und synthetischem Fundament. Doch im Zusammenspiel der beliebten Gassenhauer-Themen des
ersten Piratenabenteuers, neuen Einfällen sowie dank einer durchgängigeren kompositorischen Gestaltung ist die zweite CD
deutlich unterhaltsamer und kurzweiliger geraten. Großen Anteil daran haben viele kleine charmante
Ideen: "Long John" Zimmer, wie er im Booklet genannt wird, spinnt sich nämlich ein überaus reizvolles musikalisches
Seemannsgarn zusammen: Von einem neuen komödiantischen Motiv für Jack Sparrow (gleich zu beginn von "Jack Sparrow"
vom Cello vorgestellt), das ein wenig an den Jig des ersten Films anknüpft, einer ironischen Walzereinlage ("Dinner is served"),
einem neuen Piraten-Jig bis hin zu einem Spieluhrmotiv für Davy Jones und einer Stilkopie von Bachs "Toccata und Fuge"
reicht die Palette der für Kurzweil sorgenden Einfälle. Nicht zu vergessen dabei der von krachenden E-Gitarren
geprägte Rocksound für die Riesenkrake ("The Kraken").
Zimmers Musik bereitet - sofern man sich denn überhaupt mit der grundsätzlichen Machart seiner Arbeiten anfreunden kann -
einigen Hörspaß. Klar gibt es auch bei
Dead Man’s Chest die üblichen Action-Standards des Komponisten.
Doch die Mischung aus alt und neu, lautem Bombast und ruhigen, meist komödiantischen Momenten stimmt hier, ist
trotz gewisser Einheitssounds ausgewogen genug, um möglichen Ermüdungserscheinungen vorzubeugen. Richtig stören
tut da nur der beatlastige Tiesto-Remix von "He's a Pirate" - ein überflüssiger Bonustrack am Ende der CD.
Hans Zimmer:
Pirates of the Caribbean - At World's End (2007) **½
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Im dritten und vorerst wohl auch letzten Teil der Piraten-Saga geht die Reise dem Titel gemäß an das Ende
der Welt. Und das klingt zunächst ganz schön asiatisch bzw. wie die Vertonung eines Italo-Westerns von Ennio Morricone.
Damit sind dann auch die beiden wesentlichen stilistischen Färbungen der dritten Musik genannt. Zentrale neue Themen sind
dazu eine vom Chor gesungene Piraten-Hymne ("Hoist the Colours"), bei der der
DaVinci-Code
aus dem Vorjahr offenbar merkliche Spuren hinterlassen hat, sowie ein Liebesthema, das entfernt an
James Horners "My Heart will go on"-Melodie aus
Titanic erinnert. Ansonsten arbeitet Zimmer im Wesentlichen mit den
Themen der ersten beiden Teile. Er verarbeitet sie in durchaus netten Varianten und gewinnt ihnen so immer wieder
neue Facetten ab. Vielleicht noch mehr als in den vorangegangenen Musiken droht Zimmers musikalische Piratenoper
allerdings bisweilen unter der Last ihrer eigenen Opulenz zu ersticken. Der Bombast der Choräle, die tempogeladenen Action-Tableaus,
mit denen er überraschend stark auf die eigenen Actionmusiken der 90er Jahre Bezug nimmt
(z.B.
Crimson Tide,
Broken Arrow oder
The Rock) und natürlich die typischen Media Ventures-Hymnen
werden hier rastlos und ohne Ruhepol - zum Teil in neun, zehn Minuten langen Stücken - aneinandergereiht. Dazu kommt,
dass die oben genannten Stilzitate im Gegensatz zum zweiten Teil eher kurzatmig ausfallen. Morricones
Italo-Western-Musiken hat Zimmer schon einmal vor Jahren bei John Woos
Broken Arrow aufgegriffen - hüben wie drüben ist ihm
allerdings keine wirklich überzeugende Hommage an den italienischen Maestro gelungen - dafür bleibt seine Stilkopie
letztlich zu simpel und einfallslos. Und auch das asiatische Idiom wird nur kurz eingesetzt und danach sofort
wieder fallengelassen. Es ist diese Beliebigkeit und dazu der sich immer wieder hohl auftürmende Orchesterbombast
(inklusive theatralischem Chorgesang), der der Musik immer wieder ihr ironisches Augenzwinkern und die Leichtigkeit raubt.
Zimmer hat in einem Interview zu
Am Ende der Welt gesagt, dass er sich ungern wiederhole. Doch genau
das tut er mit dem musikalischen Abschluss der Piraten-Trilogie eigentlich ohne Unterlass. Schon fast nach dem
Baukastenprinzip reiht er mit großer Routine altbekannte Einzelelemente seiner früheren Arbeiten neu aneinander.
Und das hinterlässt am Ende dann doch einen sehr zwiespältigen Eindruck. Der Hörspaß droht leider viel zu oft unter
dem ganzen Bombast zu ersticken.
Fazit:
Alle drei Musiken der Fluch der Karibik-Trilogie stehen mitten im familiären, zum Teil aber auch
ausgelutschten Klangkosmos von Media Ventures. Die Disney-Marke ist natürlich - wie das Star Wars-Imperium um
George Lucas - ein Franchise mit eng gesetzten stilistischen Vorgaben (die natürlich maßgeblich auf den Produzenten
Jerry Bruckheimer zurückgehen), an die sich auch der jeweilige Komponist der Filmmusik zu halten hat. So gibt es innerhalb der
Fluch der Karibik-Trilogie ähnlich wie bei den James Bond-Filmmusiken immer nur Varianten der
kommerziellen Erfolgsformel der ersten Musik. Die ist aufgrund des Zeitdrucks der Entstehung und trotz der beiden
markanten Themen allerdings die simpelste und schlichteste der drei. Die Vertonung von Dead Man’s Chest
weiß mit ihrer stilistischen Vielseitigkeit und attraktiven neuen Themen zu gefallen. Der Abschluss der Trilogie
bringt musikalisch leider nur wenig Neues. Die chorale Piratenhymne Hoist the Colors ist zwar nett, wirkt
aber wie die folgenden Stilzitate etwas blass. Überzeugender sind da die Variationen des
vorhandenen Themenmaterials, mit dem Zimmer überraschend geschickt umzugehen weiß. (mr)
Filminfo:
Regie: Gore Verbinski
Darsteller: Johnny Depp, Keira Knightley
Pirates of the Caribbean - The Curse of the Black Pearl
Walt Disney 5050466-6899-2-4
Chöre: Metro
Zusätzliche Komponisten: Ramin Djawadi, James Dooley, Nick Glennie-Smith, Steve Jablonsky, Blake Neely, James McKee Smith & Geoff Zanelli
Dirigent: Blake Neely
44:12 Min.
Tracklist:
- Fog Bound (2:16)
- The Medallion Calls (1:52)
- The Black Pearl (2:16)
- Will and Elizabeth (2:08)
- Swords Crossed (3:15)
- Walk the Plank (1:58)
- Barbossa is Hungry (4:06)
- Blood Ritual (3:32)
- Moonlight Serenade (2:08)
- To the Pirates' Cave! (3:30)
- Skull and Crossbones (3:23)
- Bootstrap's Bootstraps (2:38)
- Underwater March (4:12)
- One Last Shot (4:46)
- He's a Pirate (1:30)
Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2:
Walt Disney 0946 3 68219 2 4
Chöre: Metro Voices & Choir of the King's Consort
Zusätzliche Komponisten: Lorne Balfe, Tom Gire, Nick Glennie-Smith, Henry Jackman, Trevor Morris, John Sponsler & Geoff Zanelli
Dirigent: Pete Anthony
58:38 Min.
Tracklist:
- Jack Sparrow (6:06)
- The Kraken (6:55)
- Davy Jones (3:15)
- I've Got My Eye On You (2:25)
- Dinner Is Served (1:30)
- Tia Dalma (3:57)
- Two Hornpipes (Tortuga) (1:14)
- A Family Affair (3:34)
- Wheel of Fortune (6:45)
- You Look Good Jack (5:34)
- Hello Beastie (10:15)
- Bonus: He's a Pirate (Tiesto Remix) (7:02)
Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt:
Walt Disney 0946 3 95711 2 3
Chor: Metro Voices
Zusätzliche Komponisten: Lorne Balfe, Tom Gire, Nick Glennie-Smith, Henry Jackman, Atli Örvarsson, John Sponsler & Geoff Zanelli
Dirigenten: Blake Neely & Nick Glennie-Smith
55:50 Min.
Tracklist:
- Hoist the Colours (1:31)
- Singapore (3:40)
- At Wit's End (8:05)
- Multiple Jacks (3:51)
- Up is Down (2:42)
- I See Dead People in Boats (7:09)
- The Brethren Court (2:21)
- Parlay (2:10)
- Calypso (3:02)
- What Shall We Die For (2:02)
- I Don't Think Now is the Best Time (10:45)
- One Day (4:01)
- Drink Up Me Hearties (4:31)