Der einzige Fantasyfilm, der als Nachzügler der
Herr der Ringe-Trilogie
ebenfalls zu einem Kinoerfolg wurde, war der erste Teil der
Chroniken von Narnia,
der offenbar durch seine märchenhafte und damit familienfreundliche Machart neben unverhohlenen biblischen Referenzen
beim Publikum punkten konnte. Das war vor drei Jahren. Die Fantasy-Welle ist längst abgeebbt, mittlerweile gab
es im Genre zahlreiche Flops wie
Eragon oder zuletzt
Der goldene Kompass.
Genau in dieser Phase kommt nun
Prince Caspian in die Kinos, die obligatorische Fortsetzung. Im neuen Abenteuer wird
das Königreich Narnia von den bösen Telemarines besetzt und muss von den inzwischen jungen Erwachsenen befreit werden.
Anders als noch im ersten Film nehmen Kampf- und Schlachtszenen in Prince Caspian, in denen das Schicksal Narnias
entschieden wird, breiten Raum ein. Entsprechend ist auch die Musik von Harry Gregson-Williams anders als seine
Komposition zum Vorgänger düsterer ausgefallen und mit üppigen Action-Tableaus gespickt, in denen
Tutti des Orchesters mit Chor (gleich drei Chöre kommen zum Einsatz!) die schicksalhafte Dramatik der Handlung beschwören. Noch stärker als beim König von Narnia
setzt Gregson-Williams Elektronik ein, die immer wieder die Actionszenen begleitet. Dies geht sogar so weit,
dass sich die Vertonung phasenweise in ihrem Orchesterspiel über Drumbeats oder in einigen atmosphärisch brodelnden Passagen
kaum von der eines typischen Actionsfilms dieser Tage unterscheidet. Dass der Hörer die Musik dennoch
dem musikalischen Narnia-Kosmos zuordnen kann, liegt daran, dass Gregson-Williams die Leitmotive des ersten Filmes
geschickt in die Partitur verwebt, sie immer wieder reizvoll zitiert. Dazu gibt es ein neues heroisches Thema
für den titelgebenden Prince Caspian, das gleich im Eröffnungsstück der CD vorgestellt wird, aber möglicherweise
einen Tick zu unscheinbar ist, um die neue Komposition zu tragen.
Die melodisch-thematischen Akzente werden im Verlaufe der Musik immer stärker von den bombastischen
Actionstücken in den Hintergrund gedrängt. Der Kinogänger soll überwältigt werden,
der Hörer der CD wird aber vom orchestral-choralen Overkill schier erdrückt.
Dieser ist natürlich nötig, um im Film allein den Lärm der Schlachtszenen zu übertönen. Doch ohne
Bildbezug fällt schnell der Mangel an Subtilität und dramaturgischer Entwicklung auf.
Beides wird von der Vorlage wohl nicht verlangt und von der Musik folgerichtig nicht geboten.
Doch immerhin: Wer überladener Fantasy- und Actionkost im Stil von John Powells X-Men 3
etwas abgewinnen kann und/oder die Themen des ersten Teils besonders mag, wird möglicherweise auch dem Prince Caspian
einigen Unterhaltungswert abgewinnen können. Doch das darf letztlich nicht über das Defizit an musikalischer Substanz
hinwegtäuschen. Ob Gregson-Williams hier wirklich mit voller Inspiration bei der Sache war? Man kann nur mutmaßen.
Beim bereits geplanten dritten Teil der Chroniken soll jedenfalls David Arnold das musikalische Zepter übernehmen. (mr)
Walt Disney Records D000074202
Chöre: The Bach Choir, The Apollo Voices & The Crouch End Festival Chorus
75:04 Min.
Filminfo:
Deutscher Titel: "Die Chroniken von Narnia - Prinz Kaspian von Narnia"
Regie: Andrew Adamson
Darsteller: Ben Barnes, Liam Neeson, William Moseley
Tracklist:
- Prince Caspian Flees (4:34)
- The Kings and Queens of Old (3:33)
- Journey to the How (4:45)
- Arrival at Aslan's How (2:57)
- Raid on the Castle (7:05)
- Miraz Crowned (4:47)
- Sorcery and Sudden Vengeance (6:16)
- The Duel (5:56)
- The Armies Assemble (2:22)
- Battle at Aslan's How (5:17)
- Return of the Lion (4:16)
- The Door in the Air (7:52)
- The Call (3:08)
performed by Regina Spektor
- A Dance Round the Memory Tree (3:42)
performed by Oren Lavie
- This Is Home (4:01)
performed by Switchfoot
- Lucy (4:33)
performed by Hanne Hukkelberg