 |
|
Nick Ingman & Jan A.P. Kaczmarek |
|
|
Als Jan A.P. Kaczmarek Ende Februar die Oscar-Statue für seine Vertonung des Dramas
Finding Neverland - Wenn Träume fliegen lernen entgegen nahm, endete eine kleine
Erfolgsgeschichte wie sie wohl nur die Traumfabrik schreiben kann. Der gebürtige Pole, der
seine filmmusikalische Karriere in den 80er Jahren in seinem Heimatland begann, lebt zwar
bereits seit 1989 in Los Angeles, doch tat er sich mit seiner Hollywoodkarriere anfangs
schwer. Wenn er nicht gerade B-Movies wie
Pale Blood (1990) oder
Mask of Murder 2 (1993)
vertonte, war er hauptsächlich für das Europäische Kino tätig. Die Wende brachte das Jahr
1995 und die Musik zu
Total Eclipse. Es war die erste Zusammenarbeit mit der
polnischen Regisseurin Agniezka Holland, die Kaczmarek auch bei ihren nächsten Projekten
für das amerikanische Kino engagierte, darunter die Dramen
Washington Square (1997)
und
The Third Miracle (1999). Danach wurde es wieder ein wenig ruhig um den
Komponisten bis mit dem Horror-Flop
Lost Souls (2000) und dem
Psychothriller
Unfaithful (2002) ein weiterer Karriereschub folgte.
 |
|
Aufnahmen zu Finding Neverland |
|
|
Den endgültigen Durchbruch sollte aber erst zwei Jahre später Marc Fosters
Finding Neverland
bringen. Dabei wäre die Vertonung um ein Haar nicht zustande gekommen: Kaczmarek war zwar
schon zu einem frühen Zeitpunkt gefragt worden, die Musik zu schreiben. Doch die
Produzenten von Miramax überkamen plötzlich Zweifel, ob der Pole nicht viel zu düster
komponiere, um für das märchenhafte Drama über den
Peter Pan-Erfinder John M. Barrie
die richtige Wahl zu sein. Als Kaczmarek davon hörte, schrieb er kurzentschlossen ein
dreiminütiges Schaustück und spielte es mit einem Warschauer Orchester samt Chor ein.
Dieses selbstbezahlte Demo besaß die nötige Überzeugskraft und brachte schließlich doch
das ersehnte Engagement ein. Eines mit Folgen.
Finding Neverland mischte nämlich
bei allen wichtigen Auszeichnungen der amerikanischen Filmindustrie mit, die Musik wurde
für den Golden Globe nominiert, gewann den Preis des National Board of Review und bescherte
Kaczmarek als Krönung wie bereits erwähnt den begehrten Oscar.
 |
|
Choraufnahmen zu Finding Neverland |
|
|
Die Academy of Motion Picture Arts & Science hat damit eine melodisch gefällige und
unmittelbar ansprechende Komposition ausgezeichnet. In warmen Klangfarben fängt Kaczmarek
die märchenhafte und bittersüße Stimmung des Filmes ein, schwelgt in lyrischen
Streichermelodien, die von Harfe, Holzbläsern und Klavier verziert werden. Dazu treten
hübsche, ein wenig in Richtung italienischer Kinosinfonik schielende Soli von Akkordeon, Gitarre und
Mandoline. Das charmante Hauptthema, das im eröffnenden Stück von Streichern und Kinderchor
vorgestellt wird, bildet die Basis eleganter Klaviervariationen, die vom Pianisten Leszek
Mozdzer am Ende der Aufnahmesitzungen in London quasi als CD-Bonus eingespielt wurden.
Drittes entscheidenes Element der Komposition bilden kleine Schaustücke, die Szenen
untermalen, in denen John M. Barrie mit den Kindern seiner Bekannten spielerische
Eskapaden in die Fantasiewelt Nimmerland unternimmt, z.B. der versponnene Walzer in
"Dancing with the Bear" oder die schwungvolle Ouvertüre für einen Ausflug in die Piratenwelt
("The Pirates"). Diese Stücke bringen ein wenig Farbe in die ansonsten vielleicht eine
Spur zu gleichförmig und spannungsarm wirkende Komposition, die in ihrem dezenten
Klassizismus ein ums andere Mal Erinnerungen an Mozart und Haydn weckt.
Finding Neverland ist eine nette, sympathische Filmmusik - aber weder besonders großartig,
noch unbedingt auszeichnungswürdig. Es dürfte stark von den persönlichen Präferenzen
abhängen, ob man sich am reichlich vorhandenen musikalischen Zuckerguss stört oder schlicht darüber
hinwegsieht. Hörer, die dies nicht tun und insbesondere romantische Kinosinfonik im Stil von
Rachel Portman (z.B. Chocolat und Gottes Werk & Teufels Beitrag)
schätzen, dürfen ungesehen zugreifen. Sie erhalten eines der schönsten und eingängigsten
Filmmusik-Alben des Kinojahres 2004. (mr)