Einem reinen Unterhaltungsfilm Oberflächlichkeit und mangelnde Authentizität vorzuwerfen,
macht in der Regel nur wenig Sinn. Wenn jedoch Steven Spielberg eine traurige Geschichte wie
die des Iraners Merhan Karimi Nasseri, der seit nunmehr 16 Jahren auf dem Pariser Charles De
Gaule-Airport lebt, allein nutzt, um gefälliges Mainstream-Kino zu inszenieren, so verdient
dies bei allem Unterhaltungsanspruch Kritik. Angesichts der vielversprechenden Grundidee
muss man ihm die ausgesuchte Harmlosigkeit des Drehbuches vorwerfen. Denn was hätte aus der
faszinierenden Geschichte nicht alles werden können? - zum Beispiel eine bissige Satire auf
die paranoiden Sicherheitsvorkehrungen amerikanischer Flughäfen seit dem 11. September oder
aber das traurige Psychogramm eines entwurzelten Mannes, der seit Jahren ein isoliertes Leben
auf einem Flughafenterminal führt.
Doch von alledem wollten Spielberg und seine Autoren nichts wissen. Terminal interessiert
sich nicht für die politische Dimension des Themas. In der Realität sitzt Merhan Karimi
Nasseri ohne gültige Papiere als politischer Flüchtling auf dem Pariser Flughafen fest.
Dieser wurde im Film nach New York verlegt und Nasseri in den Ostblockstaatler Viktor Navorski aus dem Fantasiestaat Krakhosia umgewandelt.
In diesem Land wird zwar geputscht und es herrscht Bürgerkrieg, doch das Warum und Wieso
dieser fernen Ereignisse spielen keine Rolle. Vielmehr gefällt sich Spielberg darin, seinen
Helden als tragikkomischen Clown zu zeigen, wobei Tom Hanks irgendwo zwischen seinen Rollen
aus Forrest Gump und Cast Away agieren darf. So gewinnt der Film Navorskys Mühen, sich auf
dem Flughafen durchzuschlagen, eine Reihe amüsanter Momente ab, bedient sich dabei sogar
einiger Slapstickeinlagen. Und da wir uns in einer charmanten Spielberg-Komödie befinden,
findet der staatenlos gewordene schnell einen neuen Job, erlangt unter den Terminal-Angestellten
große Beliebtheit und darf sich darüber hinaus in eine Stewardess verlieben.
Es versteht sich von selbst, dass Spielberg diese Geschichte eingängig und mit perfektem
Oberflächenglanz inszeniert. Doch letztlich ist das eindeutig zu wenig und Terminal
damit der schwächste Film des Starregisseurs seit langem.
Für John Williams bot Terminal erneut die Gelegenheit, eine leichtgewichtige
Komödienmusik mit romantischem Einschlag zu schreiben. Stilistisch orientiert sich die
Komposition an Sabrina und Catch me if you can, aber auch
eine gute Prise der komödiantischen Anteile des letzten Harry Potters
sind hörbar. Im Mittelpunkt steht das leicht folkloristische Hauptthema für Victor Navorsky,
dem das Spiel der Klarinette einen Hauch osteuropäischen Flairs und dezente Anklänge an die
jüdische Klezmermusik verleiht. Eine schöne Tangomelodie und das nostalgische Liebesthema
(am Ende von "Dinner with Amelie" vom Klavier eingeführt) bestreiten die Liebesgeschichte
Navorskys mit der Stewardess Amelie. Diese drei Themen werden von Williams in zwei
reizvollen Konzertsuiten vorgestellt und bilden die Basis zahlreicher Variationen. Sie
tauchen in Form von Scherzi und ausgeprägten romantischen Passagen, aber auch in jazzigen
Paraphrasen à là Catch me if you can (z.B. Track 7) wieder auf.
Für Krakosia komponierte Williams eigens eine Nationalhymne - ein kraftvoller pathetischer
Marsch mit überzeugendem osteuropäischem Gestus.
Williams hat mit Terminal eine elegante, warmherzige Komödienmusik geschaffen, die
für das Genre erstaunlich liebevoll und vielfältig auskomponiert ist. Besondere Glanzpunkte
setzt er wieder einmal mit einer detaillierten Orchestrierung, in der neben Klarinette und
Akkordeon als Soloinstrumente, auch Harfe und Klavier reizvoll zum Einsatz kommen.
Doch bei allem Hörcharme, den die charmante Musik entfaltet, entsteht - freilich auf hohem Niveau
- auch der Eindruck eines gehobenen Déjà-Vu. Die romantischen Streicherpassagen, das
verspielt-tänzerische Mickey Mousing als auch die jazzigen Anklänge kennt man aus vielen
anderen Partituren des Komponisten. Zwar gerät Terminal zu keinem Zeitpunkt zum
reinen Selbstplagiat, doch wirklich neuartig oder originell ist die Musik nicht. Anders als
Spielberg-Produktionen wie A.I. oder Minority Report
gestattet die eher altmodisch inszenierte Kinomär derartige Neuerungen natürlich auch kaum.
So bleibt im Fazit eine eingängiges, reizvolles Hörvergnügen, das unmittelbar gefällt,
aber auf lange Sicht wohl nicht zu den nachwirkenden Williams-Kompositionen zählen wird. (mr)